Darwinia by Robert Charles Wilson

Darwinia by Robert Charles Wilson

Autor:Robert Charles Wilson [Wilson, Robert Charles]
Die sprache: de
Format: mobi
veröffentlicht: 2010-09-30T19:55:26.909000+00:00


Mit den Decken, die Tom geholt hatte, baute Guilford ein Lager, das Sullivan gegen die Kälte abschirmte. Verglichen mit der Außentemperatur war es in diesem Schacht beinah behaglich – die Temperatur lag über dem Gefrierpunkt; doch der Nebel drang durch die Kleidung und unterkühlte die Haut.

Als Tom im Nebel verschwand, fühlte Guilford sich mit einem Mal unsäglich einsam. Was ihm blieb, waren seine Gedanken und die langen, mühsamen Atemzüge des Botanikers. Er schwebte zwischen Langeweile und Panik. Hätte er wenigstens etwas zu lesen gehabt – egal was. (Was für ein verrückter Wunsch.) Der einzige Lesestoff, der den Überfall überlebt hatte, war Digbys New Testament in Taschenformat und Diggs hütete es wie seinen Augapfel. Diggs war überzeugt, dass ihm diese Dünndruckausgabe das Leben gerettet hatte: Das Buch war sein Talisman. Und das Argosy war längst nicht mehr.

Als ob er in dieser arsenfarbenen Düsternis hätte lesen können…

Als es über ihm dunkel wurde und die feuchte Luft einen satteren und giftigeren Grünton annahm, wusste er, dass die Nacht hereinbrach. Winzige Partikel aus Staub und Eis wehten aus der Tiefe herauf, wie Kieselalgen in einer Meeresströmung. Er richtete das Deckenlager rings um Dr. Sullivan, dessen Atemgeräusche sich inzwischen so anhörten, als säge jemand nasses Kiefernholz. Dann entzündete er eine der beiden Moscheeholzfackeln, die Tom Compton geholt hatte. Er zitterte am ganzen Leib, er hatte es nicht gewagt, auch nur eine Decke für sich zu behalten. Jedes Mal, wenn die Füße taub wurden, stand er auf, immer bedacht die Hand nicht von der Wand zu lassen. Er häufte ein paar lose Steine auf, stützte die Fackel sorgfältig ab und wärmte sich die Hände über der niedrigen Flamme. Moscheeholz in Wollschlangentalg getaucht, die Fackel brannte sechs bis acht Stunden, allerdings nicht besonders hell.

Er hatte Angst zu schlafen.

In der Stille waren feine Geräusche zu hören – ein fernes Pochen; oder hörte er sein eigenes Blut pulsieren und die Finsternis wirkte als Verstärker? Ihm fiel eine Geschichte von H. G. Wells ein, The Time Machine: die unterirdischen Morlocks mit ihren glühenden Augen und schrecklichen Gelüsten. Eine unwillkommene Erinnerung.

Damit die Zeit verging, redete er mit Sullivan. Vielleicht konnte Sullivan ihn ja hören. Die Augen des Botanikers blieben allerdings geschlossen, und aus seiner Nase sickerte nach wie vor Blut. In gewissen Abständen drückte Guilford seinen Hemdschoß in ein Rinnsal aus Schmelzwasser und wischte ihm das Blut ab. Guilford erzählte liebevoll von Caroline und Lily. Von seinem Vater, der bei den Hungerunruhen in Boston erschlagen worden war, als er gegen alle Vernunft versucht hatte, seine Druckerei aufzuschließen – etwas, das er an jedem Arbeitstag getan hatte, seit er großjährig war. Ein bisschen von dieser Courage hätte Guilford jetzt brauchen können.

Warum schlug Sullivan nicht einfach die Augen auf? Er hätte ein paar Episoden aus seinem Leben erzählen können. Argumente für ein Darwinia vorbringen können, das uralt war und sich entwickelt hatte. Er hätte dem Wundersamen mit dem kühlen Schwert der Vernunft zu Leibe rücken können. Hoffentlich behältst du Recht, dachte Guilford. Hoffentlich ist dieser Kontinent nicht bloß ein Traum oder – schlimmer noch – ein Alptraum.



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