DIE STERBENDE ERDE by Jack Vance

DIE STERBENDE ERDE by Jack Vance

Autor:Jack Vance [Vance, Jack]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-12-08T16:00:00+00:00


Drei Wochen segelte Ulan Dhor solcherart über den Golf von Melantein, nach Norden und Westen, und eines Morgens sah er steuerbord voraus den dunklen Schatten der Küste und backbord verschwommen im Dunst eine Insel.

In seiner Aufregung hätte er fast den Kahn übersehen, der mit seinem geflochtenen, quadratischen Binsensegel nicht weit vor ihm schwerfällig durchs Wasser zog.

Ulan Dhor beeilte sich, ihn einzuholen und sich längsseits zu legen. In dem plumpen Kahn saßen zwei Männer in grob gewirkten grünen Kitteln, die mit einer Schleppangel Fische fingen. Sie hatten strohblondes Haar und blaue Augen, und sie sahen ihn an, als wären sie aus allen Wolken gefallen.

Ulan Dhor holte das Segel ein und langte nach dem Rand des Kahns. Die beiden Fischer sprachen weder, noch rührten sie sich.

»Euch scheint der Anblick eines Fremden wohl nicht vertraut«, brummte er.

Der Ältere der beiden stieß nervös einen Bannspruch gegen Dämonen und böse Geister aus.

»Weshalb tut Ihr das?« Ulan Dhor lachte. »Ich bin ein Mensch wie Ihr auch.«

Der Jüngere sagte in einem kaum verständlichen Dialekt:

»Wir müssen annehmen, daß Ihr ein Dämon seid. Erstens, gibt es keinen unserer Rasse mit nachtschwarzen Haaren und Augen. Zweitens, spricht Pansiu die Existenz aller anderen Rassen ab. Deshalb könnt Ihr kein Mensch sein und seid folgedessen ein Dämon.«

Der Ältere flüsterte hinter der vorgehaltenen Hand:

»Schweig, sprich kein Wort. Er wird den Ton deiner Stimme verfluchen…«

»Ihr irrt Euch, ich versichere es Euch«, erklärte Ulan Dhor absolut höflich. »Hat denn schon einer von euch je einen Dämon gesehen?«

»Nur Gauns.«

»Und sehe ich einem Gaun ähnlich?«

»Ganz und gar nicht«, gab der ältere Mann zu. Sein Begleiter deutete auf Ulan Dhors roten Mantel und die grünen Beinkleider. »Er ist offenbar ein Plünderer. Sieh dir die Farbe seiner Kleidung an.«

»Nein, ich bin auch kein Plünderer«, wehrte Ulan Dhor ab.

»Ich bin ein Mann wie andere auch…«

»Es gibt keine anderen Menschen, nur die Grünen«, sagte Pansiu.

Ulan Dhor warf den Kopf zurück und lachte. »Die Erde ist nichts als Wildnis und Ruinen, das stimmt wohl, aber es spazieren noch viele Menschen auf ihr herum… Verratet mir, ist die Stadt Ampridatvir auf jener Insel dort vor uns zu finden?«

Der jüngere Mann nickte.

»Und Ihr und Euer Freund, lebt Ihr dort?«

Wieder nickte der Jüngere.

Ein wenig besorgt meinte Ulan Dhor: »Ich dachte Ampridatvir sei eine uralte, verlassene Ruinenstadt.«

Mit gewitztem Gesichtsausdruck fragte der Jüngere: »Und was sucht Ihr in Ampridatvir?«

Ulan Dhor dachte, ich werde die Tafeln erwähnen und sehen, wie sie darauf reagieren. So erfahre ich, ob man noch etwas von ihnen weiß, und wenn ja, wie man hier zu ihnen steht. Laut sagte er: »Drei Wochen bin ich über den Golf von Melantein gesegelt, um Ampridatvir zu finden und mich dort nach bestimmten legendären Tafeln umzusehen.«

»Ah!« rief der Ältere. »Die Tafeln! Also doch ein Plünderer.

Es ist mir jetzt ganz klar. Sieh dir nur seine grüne Hose an.

Ein Plünderer also für die Grünen…«

Ulan Dhor, der aufgrund dieser merkwürdigen Identifizierung nun mit Feindseligkeiten rechnete, war überrascht über die offensichtliche Erleichterung der beiden Fischer, die aussahen, als hätten sie ein beunruhigendes Paradoxon gelöst. Na gut, dachte er, wenn sie es so sehen, kann es mir auch recht sein.



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