Cyrion by Tanith Lee

Cyrion by Tanith Lee

Autor:Tanith Lee [Lee, Tanith]
Die sprache: eng
Format: mobi, epub
Tags: General, Fiction
ISBN: 9780879977658
Herausgeber: DAW
veröffentlicht: 1982-08-15T08:51:04+00:00


Siebentes Zwischenspiel

»Eine gespenstische Erzählung«, sagte Roilant schließlich.

»Aber sie entbehrt nicht der Gerechtigkeit.«

»Ihr werdet natürlich schwören, daß sie wahr ist.«

»Ich weiß nicht, ob sie wahr ist.«

»Und was ist mit Cyrions Verbindung zu den Nomaden?«

»Die Geschichte geht nicht näher darauf ein.«

»Leider nicht.«

Verdrießlich stand Roilant auf. Der alte Bettler, Esurs Vater, blieb sitzen und betrachtete die zwei Goldmünzen, die er angeblich nicht sehen konnte. Das Schnarchen des schnauzbärtigen Soldaten war wieder abgeflaut, nachdem es ausgerechnet während des spannendsten Teils der Geschichte einen neuen Höhepunkt erreicht hatte. Etwas in seiner Haltung vermittelte den Eindruck, daß seine Beine viel länger waren, als in Wirklichkeit. Vielleicht war das etwas, was er auch in betrunkenem Zustand unterbewußt vorzutäuschen verstand. So waren die Menschen; immer versuchten sie andere zu betrügen oder auch sich selbst.

Erbittert rief der junge Edelmann sich zur Ordnung. Dieses sinnlose Philosophieren war ein Beweis dafür, daß für ihn das Leben im Moment tintenschwarz aussah.

Unter Zurücklassung einer weiteren Goldmünze (schon bald würde Roilant ohnehin nichts mehr mit seinem Vermögen anfangen können, warum also mit einer Münze knausern?) ging der dickliche junge Mann zum Vorhang. Als er draußen den Wirt entdeckte, der einen murrenden Sklaven beim Polieren der Quirristatue beaufsichtigte, beglich Roilant seine Rechnung.

»Sollte Cyrion morgen hier herkommen«, meinte Roilant, »richtet ihm aus, er möge sich zum Teufel scheren.«

»Ich bezweifle, daß ich ihm das sagen werde oder daß er Euch den Gefallen tut«, erwiderte der Wirt und steckte mit einer Verbeugung das Geld ein.

Roilant ging die drei Stufen hinauf - natürlich stolperte er wieder, aber mit weniger dramatischen Folgen als beim erstenmal - und trat aus der Tür.

Die Straße lag dösend in der Nachmittagshitze. Über einigen Türen und Fenstern in den weißgelben Mauern spendeten Markisen wohltuenden Schatten, und nicht eine Franse oder Quaste bewegte sich. Aus einem Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite ertönte das schwermütige Spiel einer Leier, und in einem nahe gelegenen Garten schrie ein Pfau. In der Ferne drängte sich ein Gewirr von Häusern um den Fuß der Burg von Heruzala, wo Malbans blaugoldene Banner so leblos wie welke Blumen vor dem wolkenlosen Himmel hingen. Nirgendwo ein Lüftchen und alles, womit man noch rechnen konnte, war der heiße Wind der Wüste, der in einigen Stunden durch die Stadt fegen würde. Während in Cassiereia jetzt erfrischende Kühle vom Meer her über die bewaldeten Hügel zog.

Roilant versank in Erinnerungen an die Landschaft, die er nur dreimal in seinem Leben gesehen und die doch in den letzten Wochen eine so verhängnisvolle Bedeutung für ihn angenommen hatte. Die geschwungene Linie der Obstbäume, durchsetzt mit den dunklen Wipfeln der Zypressen. Dann die zerfallene Außenmauer einer remusischen Festung, von der sonst nichts übriggeblieben war bis auf das wiederaufgebaute Badehaus im Innenhof. Hinter der Mauer dann der grüne Hügel und das Haus. Es war im Stil des Ostens erbaut. Wenn sich die Torflügel öffneten, betrat man den mit Malereien ausgeschmückten äußeren Hof, wo schlanke Säulen und zehn mächtige Palmen sich in einem schmalen Bächlein spiegelten. Dahinter wiederum, als Zeichen dafür, wie viele Völker - vergangene und junge - sich in diesem Lande



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