Creamtrain by De Carlo Andrea

Autor:De Carlo, Andrea [De Carlo, Andrea]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Neue Literatur
ISBN: 978-3-257-60228-9
Herausgeber: Diogenes
veröffentlicht: 2015-07-19T16:00:00+00:00

[188] Acht

Gegen vier am Montag fuhr ich nach Bel Air. Gleich hinter der Schranke am Sunset wurde die Luft ein paar Grade kühler und frischer, sicher wegen des vielen Grüns der Bäume und weiten Rasenflächen. Ich kannte die Straßen ganz gut von den vielen Malen, die ich zum Photographieren hergekommen war. Der Gedanke, daß ich sie diesmal mit anderen Intentionen entlangfuhr, machte mir Eindruck.

Auf dem Sitz neben mir lag die Keksschachtel mit der Wegbeschreibung, die mir Marsha Mellows gegeben hatte; ich hatte sie nicht abgeschrieben, weil ich die Reihenfolge nicht mehr zusammenbekam, ich konnte sie nur beim Fahren allmählich rekonstruieren. Die Straße stieg in Spiralen einen Hügel hinauf, der dicht mit Bäumen und großen blühenden Büschen bewachsen war. Alle naselang öffneten sich Durchblicke ins Tal hinter Gittertoren und breiten Zufahrtswegen. Fast alle Villen standen relativ nah an der Straße: die Fassaden breit hingelagert, dem Blick dargeboten wie kolossale Visitenkarten. Der ganze Hügel war privates Gelände, still und von Wachmannschaften gesichert. Einmal kam mir ein blauer Streifenwagen entgegen, der langsame Runden drehte wie ein Raubvogel auf der Suche nach Beute.

Hinter einer Kurve sah ich eine Gruppe Mimosen, die Marsha Mellows mir exakt beschrieben hatte, wie sie waren. Also begann die Zufahrt zu ihrer Villa nach etwa hundert Metern. Als mir klar wurde, daß ich praktisch schon [189] da war, geriet ich beinahe in Panik. Kleine Schauer liefen mir an den Seiten hoch, den Rücken hinunter und bis in die Handgelenke; einen Moment lang war mir so schwindlig, daß ich am Straßenrand halten mußte. Dann betrachtete ich mein Gesicht im Rückspiegel, ordnete mir das Haar und fuhr weiter.

Am Tor stieg ich aus, um zu klingeln. Direkt über dem Klingelknopf warnte ein Schild mit roter Schrift Vorsicht, bissige Hunde! Ich klingelte, und fast im selben Augenblick kamen ein Dobermann und eine englische Dogge aus einer Hecke hervorgestürzt. Ohne zu bellen. Blieben dicht vor mir stehen und sahen mich an, die Schnauzen zwischen den Gitterstäben. Ich ging zurück, setzte mich wieder ins Auto und schloß die Tür. Die Hunde sahen mich an und schnupperten in der Luft herum.

Kurz darauf erschien eine junge Mexikanerin in zwanglos-moderner Hausmädchentracht: mit Jeans und T-Shirt. Rief die Hunde zurück und öffnete mir das Tor, winkte mich herein und führte mich über den Kiesweg. Ich sah die Villa: groß und weiß und mit einer Säulenveranda. Palmen und Eukalyptusbäume standen symmetrisch verteilt auf beiden Seiten im Park.

Kaum war ich ausgestiegen, kamen die beiden Hunde und beschnupperten meine Waden. Die Mexikanerin rief sie beim Namen, ohne Erfolg. »Die tun nichts, keine Angst«, sagte sie. Führte mich dann hinein und durch die Vorhalle, öffnete mir die Tür zur Küche und zog sich zurück.

Marsha Mellows saß in der Küche auf einem hohen Schemel, versunken in ein Kochbuch auf ihren Knien. Hob den Kopf und stand auf, gab mir die Hand und fragte mich, ob es schwierig gewesen wäre, den Weg zu finden. Sie trug eine Bluse ohne Ärmel und eine Segeltuchhose im [190] Militarylook, so eine mit vielen Taschen. Ich war überrascht, sie so

Download

Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.