Comödie by Nataly von Eschstruth
Autor:Nataly von Eschstruth [Eschstruth, Nataly von]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Saga
veröffentlicht: 2016-04-14T00:00:00+00:00
XXI.
Schmerz und Freude liegt in einer Schale,
Ihre Mischung ist der Menschen Loos!
Seume.
Soll und klar stand der Mond am Himmel. Wie mit weissem Schleier gar lieblich und geheimnisvoll verhangen, ragten die hohen Lindenbäume hell beleuchtet zum Nachthimmel empor, und ein Meer berauschender Duftwogen wiegte den ganzen Garten in süsse Betäubung. Eine Nachtigall schlug noch leise und traumhaft im Gebüsch, als komme ihr noch einmal das wonnige Erinnern an den Mai mit all seiner Liebeslust und seinem Liebessehnen, einem Mai, in welchem sie dies trauliche Nest erbaute.
Damals wiegten sich die Rosenknospen drum her, damals flatterte sie in glückseliger Flitterwochenzeit mit ihrem Liebchen durch sprossendes Grün, und jetzt regt sich bereits das junge Leben im Nest, über welches sie mütterlich sorgend die Flügel breitet, und die Rosenknospen sind voll aufgeblüht in sommerlicher Pracht, aber den Lenz mit seinem jungen Liebesglück hat sie doch nicht vergessen, er klingt wie ein zauberisch Echo durch die schwüle Stille der Julinacht. —
Ja, still ist’s, — wonnesam still. — Die Schritte des späten Gastes verklingen auf dem weichen Sandweg, und die Syringen und Jasminbüsche umschliessen seinen Schatten mit ihrem dunkellauschigen Gezweig. Hochklopfenden Herzens schreitet er dem Pachthaus von Moosdorf entgegen. — Das Mondlicht glänzt auf seinem Dach, die Baumwipfel neigen sich ihm zu, als wollten sie es mit treuen Armen umschliessen. Die erleuchteten, weitgeöffneten Fenster des Erdgeschosses schimmern wie glühende Augen durch das Blattwerk, hie und da verdunkelt durch einen eiligen Schatten oder grell aufblitzend, wenn ein offenes Licht getragen oder das Herdfeuer geschürt wird. —
Hans Burkhardt hat sich keine Zeit gelassen, seine Ankunft zu melden, er hat in glückseliger Hast sein Haus bestellt und Gott gedankt, dass kein Schwerkranker ihm zur Zeit die Abreise unmöglich machte. —
Er weiss, dass man die Depeschen auf dem Lande nicht liebt, dass sein Stübchen allezeit für ihn im Vaterhause bereit steht, und dass es kaum Schöneres auf der Welt zu sehen gibt, als die Glückseligkeit einer freudigen Überraschung in liebem Angesicht. — Drum will er auch nicht über den Pachthof gehen, wo ihn vielleicht ein fremdes Auge zuerst erblickt und sein Kommen voreilig verkündet. Hier seinen lieben, gewohnten Weg durch den Garten schreitet er auch diesmal, wo er, so Gott will, Mütterchen zuerst wieder allein in der Küche antrifft, wie das letzte Mal, am Ende gar auch Aglaë an ihrer Seite. —
Mütterchen schrieb ja, dass sich ein ganz unfassliches Wunder an ihr begeben, dass die Aglaë von ehedem nicht wieder zu erkennen sei in ihrem neuen, unbeschreiblich lieben Sein und Wesen! — Das Herz des jungen Professors erzittert bei diesem Gedanken in namenloser Freude, aber die bangen Zweifel heben doch noch verstohlen die Köpfe, und er kann es sich nicht vorstellen, dass dieselbe Aglaë, die einst als leichtsinniges, eitles und hoffärtiges Weib, juwelenblitzend und hocherhoben wie eine kleine Königin vor ihm stand, dieselbe Aglaë, deren Bild vor dem Altar ihn schaudernd davon getrieben — dass sie in Wahrheit die schwere Schule des Lebens durchgemacht, dass das Fegefeuer des Elends alle Schlacken von dem goldenen Kern ihres Wesens hinweg geschmolzen! —
Seine Mutter
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