Christine Lawens - Weit hinter dem Horizont by Christine Lawens

Christine Lawens - Weit hinter dem Horizont by Christine Lawens

Autor:Christine Lawens [Lawens, Christine]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Edel eBooks
veröffentlicht: 2015-04-23T16:00:00+00:00


Kapitel 23

Seit sie sich erinnern konnten, hatte Sophie unrecht. In der nächsten Woche suchte sich Thierry Clement kein anderes Mädchen, sondern steuerte sofort auf Sophie zu, wie eine Kuh, die zur Melkzeit in den Stall strebte. Sophie hatte mit einem anderen Marinesoldaten zu einem langsamen Lied getanzt, als Thierry dem Jungen auf die Schulter tippte und übernahm, sodass Sophie gezwungen war, mit ihm zu tanzen. Danach wich er nicht mehr von ihrer Seite, und sie redeten und tanzten den ganzen Abend lang.

»Du hast ja sonst immer recht«, sagte Béatrice, als sie mit dem Bus nach Hause fuhren, »aber was Thierry betrifft, so hast du dich vollkommen geirrt. Von dem Augenblick an, als du zur Tür hereinkamst, hatte er nur noch Augen für dich. Er hat sich benommen, als wärst du weit und breit das einzige Mädchen dort.«

Sophie lächelte matt. »Vielleicht habe ich ihm unrecht getan.«

»Dann ist er doch kein verwöhnter reicher Typ?«

»Oh doch, er hat jede Menge Geld. Seinem Vater gehört eine Reederei hier in Saint-Nazaire. Weil die Auftragsbücher voll sind, hätte Thierry eine Zurückstellung erreichen können, damit er dort mitarbeiten kann, aber er ist durchgebrannt und hat sich freiwillig beim Militär gemeldet. Das hat seinen Vater völlig auf die Palme gebracht. Er provoziert seinen Vater gerne.«

Béatrice hatte nichts von alldem erfahren, als sie mit ihm getanzt hatte.

»Offenbar gibt es dort, wo er herkommt, irgendein Mädchen aus gutem Hause, das er nach dem Willen seiner Eltern heiraten soll«, fuhr Sophie fort. »Eine reiche Familie. Geld heiratet Geld. Sie war auch ein Grund, warum er davongerannt ist.«

»Du hast also deine Meinung über ihn geändert.«

»Das habe ich. Er wirkt wie ein dummer Playboy, aber er ist eigentlich sehr gebildet. Privatschule in der Schweiz, Studium in Paris, allerdings abgebrochen. Das Mädchen, das er heiraten soll, ist eine dumme Nuss – das Einzige, was sie gelernt hat, ist, Männer zu umgarnen, du weißt schon, was ich meine. Sie ist eine echte Debütantin mit einem dieser albernen Namen wie Chantal oder Elodie oder Chloé. Thierry will eine Frau, mit der er sich unterhalten kann. Er ist einer der wenigen Männer, die nicht sofort die Flucht ergreifen, wenn ich sage, dass ich eine Ausbildung machen und einen Beruf haben will.«

»Und du glaubst ihm alles, was er so daherredet?«

»Natürlich nicht. Ich bin sehr vorsichtig. Es könnte ja auch alles nur gespielt sein. Aber das wird sich zeigen. Im Moment würde ich sagen, dass er nicht so schlecht ist, wie ich dachte.«

Mit der Zeit bemerkte Béatrice, dass sowohl mit Thierry als auch mit Sophie eine Veränderung vor sich ging. Thierry legte seinen arroganten Gang ab und war viel angenehmer als mit seiner Playboy-Fassade. Noch erstaunlicher war, dass Sophie ihr Misstrauen aufgab, und Béatrice bekam einen Eindruck davon, wie ihre Freundin wirklich war, viel weicher und verletzlicher, während sie sich Thierry öffnete. Beide schienen ausgesprochen glücklich und lachten viel, wenn sie zusammen waren. Es sah aus wie echtes Glück, nicht wie Theater. Wenn Sophie in Thierrys Armen über die Tanzfläche schwebte, knisterte es wie in einem Umspannungswerk. Sie bewegten sich in vollkommener Harmonie, nicht wie Schachfiguren, die von einem Spieler geführt wurden.



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