Carya 02 - Im Schatten des Mondkaisers by Perplies Bernd

Carya 02 - Im Schatten des Mondkaisers by Perplies Bernd

Autor:Perplies, Bernd [Perplies, Bernd]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: e-book Egmont LYX
veröffentlicht: 2013-04-23T00:00:00+00:00


Kapitel 22

Es war früher Nachmittag, als Jonan und Pitlit sich auf den Weg zum Schwarzmarkt von Les Halles machten. Am Himmel zogen dunkle Wolken dahin, und es nieselte. Jonan holte die Capes aus seinem Beutel, die sie vor Wochen im Ödland vor den Mauern von Arcadion gekauft, des guten Wetters wegen aber bislang kaum gebraucht hatten. Eins zog er selbst an, eins warf er Pitlit zu. Dann fuhren sie mit dem Mofa los.

Jonan hatte eine Bestandsaufnahme ihrer Habseligkeiten gemacht. Wenn er sich von allen Fundsachen trennte, die sie im Laufe der Reise nach Paris gesammelt hatten, dazu dem Mofa, dem Werkzeug, dem Erste-Hilfe-Pack und dem Geld aus Arcadion, bekamen sie sicher genug zusammen, um die zehn Revolver kaufen zu können. Mit etwas Glück kamen sie sogar noch etwas günstiger davon. Bonasse hatte nicht explizit gesagt, dass die Waffen in erstklassigem Zustand sein mussten. Selbstverständlich hatte Jonan nicht vor, dem Hünen in dem Frachtlader-Exoskelett Schrott anzudrehen. Aber es musste ja auch nicht unbedingt fabrikneue Ware sein – wenn so etwas auf dem Schwarzmarkt überhaupt angeboten wurde.

Sie fuhren durch die verwilderte Grünanlage, die sich nördlich des Invalidendoms zu beiden Seiten einer ehemaligen Prachtstraße erstreckte. Das Gras am Wegesrand war hüfthoch und wurde von einem kleinen Wald verwachsener Bäume gesäumt. Am Ende der Grünanlage stießen sie auf eine Querstraße, die am Ufer des Flusses verlief. Die Seine, so nannte er sich, strömte braun und gemächlich an ihnen vorüber. Eine Brücke überquerte sie an dieser Stelle, die allerdings nur noch zur Hälfte existierte. Der andere Teil lag in Form mächtiger Steinbrocken im Wasser.

Jona hielt das Mofa an und ließ den Blick schweifen. An den Häuserfassaden bemerkte er deutliche Anzeichen der gewaltigen Explosion, die sich vor mehreren Jahrzehnten, in der Nacht des Sternenfalls, im nördlichen Paris ereignet hatte. So weit das Auge reichte, waren alle Fensterscheiben zersplittert. Die große Glaskuppel eines am anderen Ufer stehenden Gebäudes bestand nur noch aus dürren Metallträgern, die wie der skelettierte Brustkorb eines verstorbenen Urtieres aussahen.

»Diese Stadt ist echt trostlos«, sagte Pitlit und brach damit das Schweigen, das zwischen ihnen herrschte, seit sie den Dom verlassen hatten.

»Ja, das finde ich auch«, antwortete Jonan. »Ich wundere mich, dass der Mondkaiser niemals versucht hat, die Trümmer zu beseitigen und die Stadt wieder in Besitz zu nehmen. Wäre sie eine einzige Todeszone, würde ich ja verstehen, dass die Menschen sie meiden, aber …«

Seine eigenen Worte ließen ihn innehalten. Er musste an den gewaltigen Krater denken, der direkt jenseits des Flusses lag. Hastig kramte er den Strahlungsmesser hervor und aktivierte ihn. Im nächsten Moment entspannte er sich wieder. »Alles in Ordnung«, verkündete er erleichtert. »Die Werte liegen nicht höher als am Südrand der Stadt.« Dort hatte er seine letzte Messung vorgenommen.

Pitlit sah ihn mitleidig an. »Was dachtest du denn? Glaubst du etwa, die Straßenhändler von Paris wären so dumm, einen Schwarzmarkt mitten in einer Todeszone einzurichten? Es gibt einfachere Wege, sich umzubringen.«

»Zugegeben«, gestand Jonan. »Aber sicher ist sicher. Strahlungsmesser sind heutzutage nicht mehr sehr weit verbreitet, und außerhalb des Militärs dürfte kaum jemand so ein Gerät besitzen.



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