Carlotta jagt den Coyoten by Barnes Linda

Carlotta jagt den Coyoten by Barnes Linda

Autor:Barnes, Linda [Barnes, Linda]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


19

Zwei Blocks von Martas Sozialwohnung entfernt fand ich eine freie Stelle am Bordstein. Ich schloß schnell ab, ignorierte wieder das Schild PARKEN NUR FÜR ANWOHNER und rannte praktisch zu Martas Tür. Ich wollte nicht, daß sie zweimal Treppen steigen mußte. Wahrscheinlich würde sie sich denken, daß ich kurz nach ihr eintreffen würde, und daher in der Eingangshalle auf mich warten. Wenn man in der Eingangshalle von so einem Haus wartete, riskierte man, überfallen zu werden oder noch Schlimmeres, daher beeilte ich mich.

Sie saß auf den Treppenstufen hinter der Eingangstür und atmete schwer. Sie zog sich am Geländer hoch, als ich anklopfte. Nach freundlicher Begrüßung war mir nicht zumute, ich platzte direkt raus: «Diese Frau, nach der ich Sie gefragt habe, die sich Manuela Estefan nennt. Sie haben ihr von mir erzählt.»

«Hablemos...», begann sie und sprach nicht weiter, weil ihr klar wurde, daß mein Spanisch nicht ausreichte. «Wir reden oben.» Sie hustete ein paarmal, und es schüttelte ihren ganzen Körper. Ich half ihr die Treppe hinauf.

«Haben Sie noch mal daran gedacht, eine Parterrewohnung zu bekommen?» fragte ich voller Wut in der Stimme. Ich wollte sie mit Fragen überschütten, aber natürlich hatte sie recht. Diese Unterhaltung mußte hinter geschlossenen Türen stattfinden.

Bitter vor Resignation antwortete sie: «Es gibt eine Liste.» Was kann man schon groß machen, wenn’s eine Liste gibt?

Fluch über die Hausverwaltung, die eine Frau mit übler Arthritis in eines der oberen Stockwerke steckt. Und Fluch über Marta, weil sie mir nicht vertraute.

«Wieso haben Sie sie zu mir geschickt?» fragte ich, sobald wir vor Martas Tür standen. Es war niemand in der Nähe, und ich konnte das Schweigen nicht länger ertragen. Wortlos reichte Marta mir ihre Wohnungsschlüssel, damit ich aufschließen konnte. Als wir drin waren, kam kein Ton aus Paolinas Zimmer, keine Antwort, als Marta ihren Namen rief.

«Ich habe niemanden zu Ihnen geschickt», sagte Marta müde und ließ sich in den Sessel vor dem Fernseher sinken. «Holen Sie mir ein Glas Wasser, bitte?»

Ich seufzte und holte ihr Wasser aus der Küche, ließ es lange laufen, dachte dabei über Bleirohre und Chemikalienrückstände und Wasser in Flaschen nach.

Als ich wieder ins Wohnzimmer kam, hatte sie doch tatsächlich den Fernseher eingeschaltet. Ich knipste das Ding wieder aus und baute mich vor dem Bildschirm auf. «Heute hat mir jemand gesagt, daß Manuela Estefan in der Hunneman Pillow Factory gearbeitet hat, irgendwas mit der Kissenfabrik zu tun hatte. Also gehe ich hin, und Sie und Lilia kommen aus der Tür spaziert. Ist das ein Zufall?»

«No comprendo ‹Zu› —»

«Kommen Sie, Marta, ersparen Sie mir dieses no-comprendo-Mätzchen.»

«Okay, setzen Sie sich, ich werd’s Ihnen erzählen. Ich kenne den Namen Manuela nicht. Ich kenne überhaupt keine Namen. Diese Fabrik, dort haben die Menschen keine Namen, keine Gesichter, nur Hände, um zu arbeiten. Ich arbeite noch nicht lange dort, erst seit ein paar Tagen. Ich kenne keine Manuela.»

«Vielleicht hatte sie dort einen anderen Namen. Vielleicht Aurelia, Aurelia Gaitan.»

«Den Namen kenne ich auch nicht. Und ich rede nie von Ihnen...» Sie biß sich auf die Unterlippe und verstummte. «Nein, das ist gelogen, vielleicht habe ich doch.



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