Bunker by Andrea M. Schenkel

Bunker by Andrea M. Schenkel

Autor:Andrea M. Schenkel [Schenkel, Andrea M.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-12-24T22:00:00+00:00


Mein Gott, was ist mit der? Die Haare zerzaust, das Gesicht knallrot, geschwollen und zerkratzt. Alles verdreckt. Zum Fürchten. Sie muss durch den Wald gelaufen sein. Den Weg habe ich abgesucht. Da war sie nicht. Mit dem Fiesta bin ich zurück bis zur Straße gefahren, ganz langsam. Immer wieder bin ich stehen geblieben, hab links und rechts den Wald abgesucht. Nichts. Ich hatte angefangen mich damit abzufinden, dass sie abgehauen ist. Wo hätte ich sie sonst noch suchen sollen? Quer durch den Wald laufen bringt nichts. Zumindest nicht alleine. Sie hätte überall sein können. Ich hätte nie gedacht, dass ich sie so schnell wiedersehe. War ja auch zu dämlich von mir, das Geschirr die Treppen runterzutragen und dann das Zusperren zu vergessen. Scheint in der Familie zu liegen. Vater hatte auch einmal vergessen abzuschließen. Wie es aussieht, machen wir in unserer Familie immer wieder dieselben Fehler. Mutter kam auch zurück. Glück gehabt.

Aber irgendetwas stimmt mit der nicht. Ist die betrunken? Sie steht breitbeinig da und trotzdem torkelt sie herum, kann sich kaum aufrecht halten. Sieht aus, als würde sie das Gleichgewicht verlieren und nach vorne überkippen. Mensch, Mädel, reiß dich zusammen!

Die Augen weit aufgerissen, sie funkeln schwarz, der Blick irre. Sie steckt den Arm ganz weit nach vorne und deutet mit dem Zeigefinger auf mich. Ich sehe unwillkürlich auf den Finger, der schwankt hin und her. Jetzt macht sie den Mund auf, und – sie bekommt kein Wort heraus. Auch ich steh da und glotze sie an. Wie sie vor mir steht mit offenem Mund, erinnert sie mich an eine Kröte. Mädel, wenn du weiter nur einatmest, wirst du platzen. Wie die Kröte mit der brennenden Zigarette im Maul. Bumms und weg ist sie, zerrissen in tausend Stücke.

Sie fängt an, etwas vor sich hin zu murmeln. Erst leise, ich kann es nicht verstehen, höre nur Gebrummel und sehe, wie sie die Lippen bewegt. Dann wird sie lauter. Mein Gott, was will die? So blöd wie ein Stück Scheiße, erst abhauen und dann wieder zurückkommen. Und jetzt steht sie da und faselt wirres Zeugs. Die hat sie doch nicht mehr alle. Ich versteh nur »Du Bastard!« und »Brudermörder!«. Sie wird immer lauter, brüllt: »Zu Recht gab ich der Polizei deinen Namen.« Wie sie das sagt … »Ich zweifelte an mir, glaubte schon an meine eigene Schuld.« Als würde sie Theater spielen … »Aber du warst es, du, nur du. Du!« Alles so unecht, so künstlich. »Jahrelang schlechtes Gewissen, nur deinetwegen, du Nichtsnutz.«

Dann bricht sie völlig zusammen. Heult, schreit, schluchzt. Die ist total durchgeknallt.

»Halt deine Schnauze jetzt, sonst knallt es!«

Sie hört nicht mehr auf, brüllt mich weiter an, schreit wie wild immer das gleiche Wort: Du Bastard! Sie läuft los, rennt auf mich zu. Ihr Körper bebt, weit holen die Arme aus. Was will sie? Ist die noch ganz sauber? Die spinnt.

Sie hat die Augen geschlossen.

Sie läuft in meine Faust.



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