Bocanegra (German Edition) by Alberto Vázquez-Figueroa

Bocanegra (German Edition) by Alberto Vázquez-Figueroa

Autor:Alberto Vázquez-Figueroa [Vázquez-Figueroa, Alberto]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman, Tuareg, Sicario
ISBN: 9788415998105
Herausgeber: BibliotecaOnline
veröffentlicht: 2015-07-30T16:00:00+00:00


Er hatte sich so sehr an den Schutz des Schilfrohrs und des Wassers gewöhnt, dass er sich jetzt, da er festen Boden unter den Füßen hatte und die Vegetation keine undurchdringliche Wand mehr darstellte, fast nackt vorkam: schutzlos den unzähligen Gefahren einer feindlichen Welt preisgegeben, von der er so gut wie nichts wusste.

Der feuchtheiße Dschungel roch modrig wie alte Bücher.

Plötzlich packte ihn das Gefühl, hinter jedem Busch lauere ein Raubtier, das nur darauf wartete, sich auf ihn zu stürzen. Doch am meisten verwirrte, nein, erschreckte ihn die Tatsache, dass die Sterne am Himmel nicht mehr zu sehen waren.

Er war auf dem Meer aufgewachsen und hatte die Wüste und einen See überquert, wo kaum Bäume wuchsen. letzt aber versperrten ihm die Wipfel der Bäume, die über ihm einzustürzen drohten, die Sicht auf all die funkelnden Markierungen am Himmel, die ihm zeitlebens den Weg gewiesen hatten.

Wie sollte man ohne Hilfe der Sterne überleben?

Wie konnte man wissen, wo genau man sich gerade befand, wenn man vergeblich den Großen Bären suchte?

Es war, als hätte er seine treuesten Verbündeten verloren.

Kalte und ferne Verbündete, aber immerhin.

Es heißt, ein einsamer Stern sei die Seele eines ertrunkenen Seemanns und jedes Gestirn ein gestrandetes Schiff, das auf seiner Umlaufbahn immer die gleiche Position halte. So wies es den übrigen Seeleuten den Kurs, damit ihnen nicht dasselbe tragische Schicksal widerfuhr.

Weiter heißt es, Sternschnuppen seien nichts anderes als die Seelen von Seeleuten, die soeben ertrunken waren und sich beeilten, ihren Platz am Firmament einzunehmen, um weiteres Unglück abzuwenden.

Jetzt konnte er nicht mal mehr auf die Hilfe der Seeleute zählen, die es erwischt hatte.

Doch wenn er es sich recht überlegte, hatten sie ihm in den letzten Jahren auch nur wenig geholfen.

Sie hatten ihn weder rechtzeitig vor dem Sturm gewarnt noch verhindern können, dass die León Marino auf Grund lief, oder so viele seiner Gefährten den Tod fanden.

Die Sterne hatten sich damit begnügt, ihm zu zeigen, an welchem Punkt der Erde er sich befand: weit weg von zu Hause, so weit von allem, dass er angesichts seiner Ohnmacht in tiefer Verzweiflung versank statt neuen Mut zu schöpfen.

Seinen Berechnungen nach lag die nächste Küste mehr als tausend Meilen entfernt - falls die Bucht von Guinea sich tatsächlich dort befand, wo die zweifelhaften Seekarten, die er gelegentlich in der Hand gehabt hatte, sie vermuteten.

Tausend Meilen zu Fuß und ohne Hilfe der Sterne, die ihm den Kurs hätten weisen können. Es kam ihm vor wie ein Ding der Unmöglichkeit, selbst für jemanden wie ihn, der bereit gewesen war, sein Leben zu opfern, um dem grenzenlosen Gefängnis zu entkommen, in das man ihn verbannt hatte.

Er hatte sich noch nie für ein Genie in Sachen Zahlen gehalten, doch selbst er konnte sich ausrechnen, dass er, sämtliche Unwägbarkeiten und Umwege eingeschlossen, mindestens fünfzig Millionen Schritte zurücklegen musste, bevor er das Meer zu Gesicht bekam. Falls er es überhaupt so weit brachte.

Fünfzig Millionen!

Wie sollte er angesichts dieser Unendlichkeit auch nur den ersten wagen?

Fünfzig Millionen Schritte bedeuteten fünfzig Millionen Spuren, die ihn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den unzähligen gefährlichen Feinden verraten würden, die auf ihn lauerten.



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