Blutgier - Ein Alex-Delaware-Roman 21 by Jonathan Kellerman

Blutgier - Ein Alex-Delaware-Roman 21 by Jonathan Kellerman

Autor:Jonathan Kellerman
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Goldmann Verlag
veröffentlicht: 2010-04-03T16:00:00+00:00


Um fünf vor vier kam ich am Gerichtsgebäude von Beverly Hills an. Die meisten Sitzungen wurden um diese Zeit beendet. Die Flure waren voll mit Anwälten, Cops, Angeklagten und Zeugen.

Montez war mittendrin und schob einen schwarzen Lederkoffer auf Rädern vor sich her. Er war dünn und blass wie immer, hatte die grauen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden. Der riesige Hängeschnurrbart und das feine Kinnbärtchen wurden an den Rändern weiß. Die Gläser seiner Brille waren sechseckig und kobaltblau.

Neben ihm ging eine bleiche junge Frau in einem hauchdünnen, pinkfarbenen Omakleid. Lange schwarze Haare, hübsches Gesicht, der Rücken krumm wie bei einer alten Frau. Sie redete unaufhörlich auf Montez ein. Falls er daran interessiert war, was sie zu sagen hatte, zeigte er es nicht.

Ich mischte mich unter die Menge und schaffte es, mich hinter die beiden zu setzen.

Jedes Mal, wenn ich Montez sah, war er geckenhaft gekleidet. Das heutige Kostüm war ein taillierter schwarzer Samtanzug mit einem edwardianischen Schnitt, breite, spitze Revers, die mit Satin abgesetzt waren. Das Rosa seines Hemdes rief schmerzliche Erinnerungen an Sonnenbrand in meiner Kindheit wach. Seine pfauenblaue Fliege war aus glänzender Seide.

Die bleiche junge Frau sagte etwas, das ihn veranlasste, stehen zu bleiben. Die beiden bogen nach rechts ab und traten hinter die offene Tür eines Sitzungssaals. Ich schob mich näher an die andere Seite heran und tat so, als studiere ich eine Liste von Terminen an der Wand. Der Verkehr auf den Fluren hatte nachgelassen, und ich konnte ihr Gespräch durch den Spalt am Türpfosten verstehen.

»Was die Vertagung zu bedeuten hat, Jessica, ist, dass ich dir etwas Zeit erkauft habe, damit du clean werden und clean bleiben kannst. Du kannst dir auch einen Job besorgen und versuchen, den Richter davon zu überzeugen, dass du eine grundsolide Bürgerin werden willst.«

»Was für’nen Job?«

»Irgendeinen, Jessica. Hamburger bei McDonald’s braten.«

»Was ist mit Johnny Rockets? Das ist mehr bei mir in der Nähe.«

»Wenn du einen Job bei Johnny Rockets bekommen kannst, wäre das toll.«

»Ich hab noch nie Hamburger gebraten.«

»Was hast du gemacht?«

»Ich hab getanzt.«

»Ballett?«

»Oben ohne.«

»Ich bin sicher, du warst toll, Jessica, aber das wird dir nicht helfen.«

Er ging. Die junge Frau blieb stehen.

Ich kam hinter der Tür hervor und sagte: »Guten Tag.«

Montez drehte sich um. Die junge Frau stand mit dem Rücken zur Wand, als würde sie von einer unsichtbaren Hand dagegengepresst. »Such dir einen Job, Jessica.«

Sie zuckte zusammen und ging.

»Hat Michaela Ihnen irgendetwas davon gesagt, dass Dylan und Nora Dowd ein Verhältnis miteinander hatten?«, fragte ich.

»Schleichen Sie hinter mir her, Doc? Oder ist das ein glücklicher Zufall?«

»Wir müssen darüber reden -«

»Ich muss nach Hause gehen und meine Arbeit vergessen. Das schließt Sie ein.« Er griff nach seinem Rollkoffer.

»Meserve wird vermisst«, sagte ich. »Angesichts der Tatsache, dass Ihre Klientin letzte Woche ermordet wurde, überdenken Sie vielleicht noch mal Ihre Entscheidung, ein zungenfertiger Klugscheißer zu sein.«

Seine Kiefernmuskeln traten hervor. »Es ist beschissen, okay? Jetzt lassen Sie mich in Ruhe.«

»Meserve könnte in Gefahr sein, oder er könnte ein schlimmer Finger sein. Hat Michaela Ihnen irgendetwas gesagt, das zur Klärung der Situation beitragen würde?«

»Sie hat ihm die Schuld an der Entführungsnummer gegeben.



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