Blut für Bolivar by D.B.Blettenberg

Blut für Bolivar by D.B.Blettenberg

Autor:D.B.Blettenberg [D.B.Blettenberg]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Pendragon
veröffentlicht: 2015-12-03T16:00:00+00:00


SEPTEMBER 1975

DER PUTSCH

Quito

1

Der General hatte an jenem Morgen einen schlechten Geschmack im Mund.

Außen der gut frisierte Rebell in gehobenem Oliv. Jene Sauberkeit verbreitende Ausgewaschenheit, die lässig Vertrauen einflößt. Innen der unsichere Verschwörer, ungewiss über den Erfolg.

Er lehnte, die Ellenbogen aufgestützt, mit dem Rücken am Empfangstisch des Hotels, das er als vorübergehendes Hauptquartier gewählt hatte. Sein fein ausrasierter Freibeuterschnurrbart war weit von dem statischen, gelassenen Strich entfernt, den er darstellen sollte, und zuckte mit zunehmendem Tageslicht immer häufiger. Eine lippenleckende Zunge unterstrich das Zucken, kam in immer kürzeren Abständen zum Vorschein.

Der General schaute durch die Glastür auf die regennasse Straße. Die Spiegelung der Hotelreklame war schon seit mehreren Minuten nicht mehr auf dem glänzenden Pflaster erkennbar. Einen Häuserblock entfernt konnte man das gelegentliche Rattern der automatischen Waffen hören. Er musste seine strategische Schaltzentrale jetzt näher an die Front verlegen. Es war ihm, als müsse er das sorgfältig getarnte Stabszelt mit dem großen, mit grünem Filz bespannten Tisch und den roten und blauen Figürchen verlassen, um von seinem Feldherrenhügel zur Schlacht auf die vor ihm liegende Ebene zu ziehen. Statt dessen brauchte er nur eine Telefonverbindung und ein Holzbrettchen mit Klemmleiste aufzugeben, um sich mit wenigen Schritten im leichten Nieselregen einen Straßenzug näher an den Regierungspalast zu bewegen.

Der General nahm die Ellenbogen vom Empfangstisch. Das Gesicht des Hotelchefs hinter ihm zeigte Erleichterung, denn er hatte sich schon inmitten der von regierungstreuen Luftwaffenteilen zerbombten Trümmer seiner Herberge gesehen. Der Mann vor ihm, der Präsident werden wollte, gab einen Befehl an die acht mit Maschinenpistolen bewaffneten Soldaten in der Empfangshalle und verschwand durch die aufgerissene Glastür.

Das Oliv sah plötzlich stumpf aus, als der General über das Pflaster ging. Mit jedem Schritt wurde der selbstsichere Klang der neun Stiefelpaare dünner, wurden die Feuerstöße lauter.

Es war der zweite Stellungswechsel, den er heute vollzog. Alles hatte um Mitternacht begonnen. Er, in einem dezenten, grauen Zivilanzug inmitten vertrauter militärischer Elemente in einer Kaserne im Süden der Hauptstadt. Brutstätte der kommenden Rebellion. Der General hatte sich dort zum letzten Mal der Ergebenheit seiner verbündeten Offiziere vergewissert und die endgültige Zeitplanung vorgenommen. Gegen zwei Uhr morgens hatten sie sich alle mit einem Glas Zuckerrohrschnaps zugeprostet und ihr Glück beschworen: für die gute Sache am Vaterland. Man hatte ihm, als dem zukünftigen Präsidenten, Trinksprüche gewidmet, und er hatte sie unwillig, aber mit dem Gefühl tiefer Verpflichtung an eine gerechte Sache entgegengenommen.

Jetzt tagte es, und er war der Macht näher als je zuvor.

Er hatte das Bestattungsinstitut gewählt, weil es günstig lag. Er empfand es als unangenehm, aber er beugte sich strategischen Überlegungen. Soldaten hatten die sechs massiven Kerzenhalter und den lilasamtenen, offenen Repräsentationssarg an eine Wand geschoben, den Deckel mit den bronzenen Haltegriffen davorgelegt. Es roch nach Friedhofsblumen.

Der General nahm den Bericht eines Offiziers entgegen, machte sich ein neues Bild der Lage und untersuchte sodann mit dem Feldstecher Anzahl und Qualität der zahlreichen Einschüsse in der weißen Front des Palastes. Spätere Zeitungsberichte wussten die genaue Zahl mit 1.370 anzugeben. Kurze Überlegungen hinsichtlich der Renovierungskosten wollten aufkommen, aber der General unterdrückte sie ob



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