Bleib bei mir, Sam by Thao Dustin

Bleib bei mir, Sam by Thao Dustin

Autor:Thao, Dustin [Thao, Dustin]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: cbj
veröffentlicht: 2022-11-01T00:00:00+00:00


ZEHNTES

KAPITEL

Als ich am Morgen aufwache, ist etwas anders als sonst. Ich spüre neben mir die Wärme eines anderen Körpers. Aber als ich suchend meine Hand ausstrecke, ist da niemand. Nur ich. Verschlafen reibe ich mir die Augen, bis ich um mich herum die Wände meines Zimmers erkenne. Lichtstreifen tanzen über die Decke wie Sonnenstrahlen übers Wasser. Würde mein Vorhang nicht das Tageslicht hereinlassen, hätte ich kein Gespür dafür, ob es Tag oder Nacht ist. Obwohl es Morgen sein muss, fühlt es sich so an, als wäre keine Zeit vergangen, seit ich eingeschlafen bin. Oder unendlich viel Zeit. Stunden oder Tage. Ich habe jedes Gefühl dafür verloren. Ich schaue auf die Uhr. Es ist Samstag. Viertel vor zehn am Morgen. Was mich total verwirrt. Aber so scheint es zu sein.

Ich setze mich im Bett auf und sehe mich in meinem Zimmer um. Der Schreibtischstuhl ist zu mir gedreht. Sams Karohemd hängt über der Lehne. Gerne würde ich mir jetzt vorstellen, er wäre im Bad oder würde sich in der Küche ein Glas Wasser holen und käme gleich wieder zurück. Jeden Moment . Dadurch fühle ich mich weniger allein, wenn wir gerade nicht miteinander telefonieren. Ich rekle mich, strecke die Arme aus. Streiche mir die Haare aus dem Gesicht. Ein Hauch von Sommerwiesenduft steigt mir in die Nase und dann erinnere ich mich plötzlich. Mein Spaziergang durch den Wald. Der Ausblick auf die wogenden Gerstenfelder. Fields of Gold. War das wirklich gestern Abend? Wenn ich die Augen schließe, sehe ich alles vor mir. Merkwürdig, jetzt wieder hier in meinem Zimmer zu sein, wo alles nur noch ferne Erinnerung ist. Als würde ich aus einem Traum erwachen und hätte niemanden, mit dem ich darüber reden kann.

Eine andere Welt, ein anderes Leben, noch etwas, das ich mit niemandem teilen kann.

Ich habe schlecht geschlafen. Wieder hatte ich den Traum, in dem ich an der Bushaltestelle stehe und nach Sam Ausschau halte. Es war diesmal nicht mehr ganz so schlimm wie die anderen Male, aber ich bin davon noch immer mitgenommen. Ich wünschte, ich könnte mit jemandem darüber reden. Über meine Träume. Außer mit Sam, meine ich. Nach allem, was ich gestern Abend zu ihm gesagt habe, will ich ihn nicht noch mehr belasten. Wahrscheinlich sollte ich manche Dinge besser für mich behalten.

Ich bleibe noch eine Weile liegen, jedenfalls so lange, bis mich mein Wecker zum dritten Mal daran erinnert, dass es Zeit ist, aufzustehen. Meine Mutter hat für mich unten in der Küche eine halbe Kanne Kaffee warm gehalten. Ich schenke mir zwei Tassen ein, esse eine Schale Müsli. Eine Stunde später steht Oliver vor der Haustür. Er hat mir kurz vorher eine Textnachricht geschickt, mich zu einem Spaziergang eingeladen. Diesmal mit einem anderen Ziel. Ich war mir erst nicht sicher, ob ich wirklich mitwollte, aber dann habe ich zugestimmt. Wir brechen gemeinsam zum Friedhof auf, zu Sams Grab.

Der Himmel ist bewölkt. Oliver und ich nehmen einen Umweg, um nicht durch die Stadt zu müssen, wo am Samstag immer viele Menschen unterwegs sind. Als ich



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