Bis zum Ende der Welt und ein paar Schritte weiter: Ein Tagebuch vom Jakobsweg (German Edition) by Berit Janssen

Autor:Berit Janssen [Janssen, Berit]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: neobooks Self-Publishing
veröffentlicht: 2014-06-07T22:00:00+00:00

7. Juli

Da haben wir den Salat: Es ist der Punkt erreicht, an dem ich nicht mehr weiß, wo ich mich befinde. Hornillas? Hornillo? del Camino? del Campo? de las Calzadas? – Diese Orte haben alle ähnliche Namen, und die Grundregel lautet: Je länger der Name, desto kleiner das Kaff.

Heute Morgen schnuppere ich noch Großstadtluft. Nach Ausschlafen auf Pilgerart (sieben Uhr) nehmen Giovanni, Mary und ich das Frühstück im Café an der Kathedrale, die erst um halb zehn öffnet. Frühstück: O-Saft, Joghurt, Kaffee, Riesen-Schokoladenbrötchen – Pilgervater Kerkeling würde das Herz lachen. Und wer sitzt beim Verlassen des Cafés in Damenbegleitung davor? Der Sachsenpilger! Die Freude ist groß. Später in der Kathedrale treffen wir uns wieder. Seine Damenbegleitung ist aus Québec und spricht nur Französisch. Trotzdem unterhalten sie sich freundschaftlich mit Händen und Füßen. Ich übersetze ein wenig. Dann erzählt er, weshalb er überhaupt schon in Burgos ist: Er hat sich das Knie verdreht – vertreten - was auch immer. Weiterlaufen ist momentan unmöglich. Er will pausieren und eventuell die letzten hundert Kilometer in kleinen Etappen laufen. Der arme Kerl! Er ist wirklich den Tränen nahe, und die ganze Geschichte ist auch einfach unglaublich ungerecht. Mit seinem Gottvertrauen, seiner Naivität, seiner Freude an allem und der Bereitschaft, sich trotz nicht vorhandener Sprachkenntnisse mit allen und jedem zu unterhalten verkörpert er pilgrim’s spirit at its best – und wird dann aus dem Rennen geworfen! Während mir, der Aushilfspilgerin, weder Knie noch Sonnenbrand schmerzen und meine Füße sich selbst nach den gestrigen vierzig Kilometern so weich wie ein Baby-Popo anfühlen – Vaseline und Ringelblumensalbe sei Dank.

Als ich die Kathedrale verlasse, wird zweistimmig mein Name über den Platz gerufen – wie immer zum rechten Zeitpunkt sind die Lübecker eingetroffen! Nach den fälligen Abschiedsfotos trennen sich unsere Wege dann endgültig, denn für sie ist Burgos der Endpunkt ihrer Wanderung, während für mich gerade das zweite Drittel beginnt.

Giovanni, Mary und ich spazieren entspannte fünf Stunden oder zwanzig Kilometer aus Burgos hinaus, an spektakulären… Weizenfeldern entlang und in die gefürchtete Meseta hinein, bis zu diesem Ort, der in einer Senke liegt und wahrscheinlich gar nicht Hornillos del Camino heißt, sondern Hornillos de los Alemanes. Da man Santiago von Burgos aus in drei Wochen erreichen kann, und dies der erste Etappenort nach Burgos ist, sammeln sich hier die deutschen Ferienpilger. Die tauschen sich aufgeregt über ihren ersten Wandertag aus, über ihre ersten Blasen, ihren ersten Sonnenbrand und ihre erste Herberge. Irgendwie mal wieder typisch, dass ich meinen ersten Wandertag (der ganz sicher weit aufregender war als ein fünfstündiger Spaziergang von Burgos nach Hornillos del Irgendwas) mit mir selbst ausmachen musste!

Ebenfalls in Hornillos untergekommen ist die dicke blonde Frau, die mich gestern vor der Kathedrale so begeistert begrüßt hat. Allerdings hat die heutige Hitze sie so entkräftet, dass die Hospitalera (die der Meinung ist, ich würde die osteuropäische Sprache der Dame sprechen und mich mal wieder dolmetschen lässt) sie sofort auf das letzte freie untere Etagenbett verlegt und ihr Schlaf und Wassertrinken verschreibt. Das letzte freie untere Etagenbett entpuppt sich

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