Berlin-Express-Historie by Albrecht Behmel
Autor:Albrecht Behmel
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Humor, Satire, Geschichte, Berlin, Sachbuch, Berlin-Führer, Städteführer
ISBN: 9783958652378
Herausgeber: 110th
veröffentlicht: 2014-11-17T00:00:00+00:00
22. Salzburger Protestmarsch
'Dann ist es halt Berlin!' haben sich die Salzburger Protestanten gesagt, als sie's in ihrem Musikantenstadl nicht mehr aushielten; und das war so gekommen: In Österreich gab es zwar keinen Sonnenkönig, aber einen Fürstbischof namens Firmian. Die Salzburger waren evangelisch aber der Fürstbischof nicht – das war schon der ganze Ärger. Darum sindse losgelaufen, bisse bei uns waren, zu Fuß, denn im Unterschied zu den Hugenotten waren die Salzburger eher arm, da sie aus ihrer Heimat kaum was mitnehmen durften, schon gar kein Geld. Hier bei uns wusste man von dem gepfefferten Problem in Salzburg und der König hat dort schon mal vorsorglich Abwerbung betrieben, weil wir hier immer noch Einwohner brauchten, vor allem genervte Protestanten waren erwünscht als Bauern, Handwerker, Bürger, Lehrlinge, Schusterjungen, Kaufleute, Kolonisten und Kanonenfutter. Deswegen wurde ein gesalzener Flyer verteilet, auf dem man lesen konnte, dass jedem Einwanderer eine Prämie gezahlt wird: Vier Pfennige für jeden Mann, drei für die gnädige Frau und zwei für jedes Kind. Außerdem stand drauf, dass der Besitzer des Flyers unter preußischer Protektion stand, egal wo auf seiner Reise nach Preußen er sich grade befand; ein Blankovisum – und das hat gezogen. Mit 3.000 Salzburgern hatte man gerechnet und mehr als 20.000 sind insgesamt hergezogen. Nebenbei gesagt: auch welche aus der Schweiz, aus Böhmen und dem Elsaß, aus der Pfalz und aus Wallonien, überall hat sich das rumgesprochen und bald galt das Sprichwort: 'Preuß' wird keiner ohne Not, ist er’s worden, dankt er Gott!' Jeder Familie hatte der König folgende Ausrüstung versprochen: 60 Gutenmorgen Land, vier Pferde, vier Ochsen, drei Kühe und 120 Scheffel Getreide, Wagen und Geräte für zwei Jahre vollkasko und steuerfrei. Aber so schnell sprießt es in Preußen nicht. Die Felder mussten erst bestellt werden und so gab es im ersten Winter oft nichts zu essen. Alles in allem hat es zwei oder sogar drei Generationen gedauert, bis die Bauernhöfe richtig Profit abgeworfen haben, und weil Friedrich Willem auch wusste, dass die Leute was zum Essen brauchen, sonst gehnse wieder, hat er mit Fürstbischof Firmian feste verhandeln lassen, damit wenigstens ein bisschen vom Geld nachkam. Anderthalb Millionen Gulden hat er dabei rausgeschlagen und den größten Teil zumindest hat er wieder reingebuttert. Das war politisch klug vom Soldatenkönig. Charakterlich muss er aber eher zu den Mistkerlen gerechnet werden, besonders, wenn wir uns dran erinnern, wie hermankattegorisch abschlägig er seinen später so großen Sohn behandelt hat.
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