Befreiung: Roman by Sándor Márai
Autor:Sándor Márai [Márai, Sándor]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Belletristik.Ungarn.Exilliteratur
ISBN: 9783492952187
Google: oZcVAwAAQBAJ
Herausgeber: Piper Verlag
veröffentlicht: 2014-10-15T04:00:00+00:00
Sándor Márai
Leányfalu, Juli–September 1945
HISTORISCHE ANMERKUNG
Die Chronologie der Romanereignisse entstammt dem ungarischen Original. Tatsächlich hatten die sowjetischen Truppen Budapest am Weihnachtsfest 1944 vollständig eingeschlossen.
LÁSZLÓ F. FÖLDÉNYI
Nachwort
»Das menschliche Leben hat nur ein Ziel: die Freiheit«, schrieb Márai in seinen Unzeitgemäßen Gedanken von 1945, im selben Jahr also, in dem er auch Befreiung geschrieben hat. Was bedeutete Freiheit für ihn? Elementare politische Rechte und Demokratie, also etwas, was er nicht nur während des Krieges schmerzlich vermisst, sondern auch schon im halbfeudalen Ungarn der vorhergehenden Zeit vergeblich gesucht hat.
Aber dieser Begriff hatte auch eine andere Bedeutung für Márai. Er war sich klar darüber, dass die äußeren Verhältnisse, und mochten sie noch so wichtig sein, an sich noch keine Garantie für die Freiheit waren. Dazu bedurfte es auch der inneren Verpflichtung; echte Befreiung bedeutet, unsere eigene Natur kennen und ertragen zu lernen, wie es der Lehrer im Roman ausdrückt. Es ist also auch ein existenzieller Begriff, der seine Gültigkeit auch in der größten Bedrängnis behalten kann. Und was ist die Voraussetzung dafür? Das, was Tibor, eine der Romanfiguren, als die »moralischen Abwehrkräfte« bezeichnet. Er hat diesen Begriff nicht erfunden. Er hat ihn von seinem Schöpfer Márai »geliehen«, der ein Jahr vor der Niederschrift des Romans in seinem Tagebuch Literat und Europäer von 1944 darüber sinniert, dass die ungarische Nation deshalb büßen muss, weil ihr die »moralischen Abwehrkräfte« gefehlt hätten.
Von diesen äußeren und inneren Bedingungen der Freiheit handelt Befreiung und gewährt dabei einen Einblick in die dunkelsten Momente der ungarischen Geschichte. Die Handlung beginnt am 3. Januar 1945, während der Belagerung Budapests, als Erzsébet, eine junge Frau, den Luftschutzkeller verlässt und sich auf die andere Straßenseite, zu ihrem dort eingemauerten Vater, begibt. Und im selben Augenblick endet der Roman auch: Sie macht einen Bogen um den auf der Straße liegenden toten Russen und geht »mit unsicheren Schritten auf das gegenüberliegende Haus zu«. Der erste Satz des Romans steht in der Vergangenheitsform. Der letzte hingegen im Präsens. Die Heldin des Romans bricht nicht nur zum gegenüberliegenden Haus auf, sondern auch in ihre offene Zukunft. Und während sie einen Bogen um den Russen macht, sagt sie laut: »Es scheint, ich bin frei.«
Scheint es nur so? Oder ist sie es wirklich? Das lässt sich nicht sagen, und auch der Autor hilft nicht. Weder seiner Heldin noch dem Leser. Er lässt die Frage offen, so wie auch die ungarische Geschichte damals völlig offen zu sein schien. Márai hat den Roman im Sommer 1945 zu Papier gebracht, kaum ein Vierteljahr nach Kriegsende. Eine gewaltige und bedrückende Erlebnismasse lastete auf ihm. Er hatte die Belagerung miterlebt, sein Haus war zerbombt, seine fünftausend Bände umfassende Bibliothek vernichtet worden (so wie die Bibliothek des Professors im Roman), er war ständig mit den Schrecken des Pfeilkreuzlerterrors konfrontiert gewesen und hatte auch miterleben müssen, dass die Russen nicht nur die Befreiung, sondern auch neue Unterdrückung mit sich brachten. Bestürzende, schwer zu verkraftende Nachrichten ereilten ihn ohne Unterlass. Fast am selben Frühsommertag erfuhr er von »einem geheimnisvollen deutschen Arzt, einem gewissen Doktor Mengele« (Unzeitgemäße Gedanken. Tagebücher 2, S.
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