Beerensommer by Barth-Grözinger Inge
Autor:Barth-Grözinger, Inge [Barth-Grözinger, Inge]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Thienemann Verlag GmbH
veröffentlicht: 2011-06-29T22:00:00+00:00
24
»Machen wirâs kurz, Weckerlin.« Louis Dederer hob den Kopf und fixierte Friedrich mit einem scharfen Blick, in dem etwas lag, was er nicht deuten konnte. Trotzdem war er nicht beunruhigt. Was er vorgebracht hatte, war klar und eindeutig. Glasklar war es und die Zahlen, die in seiner ordentlichen Handschrift auf den Zetteln dort auf dem Schreibtisch vor Louis Dederer lagen, waren es auch.
»Machen wir es also kurz und bringen es auf den Punkt. Du behauptest, mein Vorarbeiter Franz Ãbele betrügt mich â betrügt mich systematisch und seit längerer Zeit!«
Friedrich nickte. »Wie lange, kann ich nicht sagen. Aber sicher schon so lange, wie ich im Sägewerk arbeite.«
»Und das ist dir einfach so aufgefallen? Hast ja scharfe Augen.« Louis Dederers Stimme klang sarkastisch und Friedrich hütete sich, ihm direkt darauf zu antworten. SchlieÃlich konnte er ihm schlecht auf die Nase binden, dass er Ãbele beobachtet hatte, ihn belauert und ihm nachspioniert hatte, besonders seit dem Sturz auf der Treppe zum Sägemehlraum. Aber wahrscheinlich konnte es sich der Dederer sowieso denken.
»Ich hab nachgemessen«, erklärte er stattdessen noch einmal, »und am Gatter ist mir immer wieder aufgefallen, dass wir schlechtes Holz bekommen. Drehwuchs, astig, Faulflecken.«
»Schädlingsbefall und Fäule sind äuÃerlich nicht immer zu erkennen!«, kam es scharf von der anderen Seite des Schreibtisches.
»Sicher nicht. Aber alles andere sehe ich. Auch Fällungsschäden kann ich erkennen und Schwämme und unsachgemäÃe Lagerung sowieso. Wie ich Ihnen schon gesagt habe, Herr Dederer, wir haben einfach zu viel Verlust. Ich bekomme am Gatter Holz, angeblich Güteklasse A, und es ist Mist, Dreck, sage ich. Buchen mit Chinesenbärten, stark astige Lärchen â da kann ich sägen, wie ich will, das wird nichts. Ich hab nachgemessen, am Polderplatz und dann am Stapelplatz: viel zu viel Ausschuss. Sie sehen doch die Zahlen.«
»Woher weiÃt du, dass dieses Holz als Güteklasse A eingekauft und auch so bezahlt wurde?«
Friedrich schwieg. Das war noch so ein heikler Punkt. Lisbeth hatte ihn in die Bücher schauen lassen. Er hatte ihr nicht erklärt, warum er das wollte. Sie hatte ihn nur angesehen aus den hervorquellenden blauen Augen, dann hatte sie ihm wortlos die Bücher hinübergeschoben. Er hatte sich dann nach Feierabend hingesetzt und die Zahlen abgeschrieben, feinsäuberlich auf diese Zettel, die er später triumphierend nach Hause getragen hatte. Das leise Knistern hatte ihm immer wieder in den Ohren geklungen, als flüstere es ihm zu, dass es ihn weiterbringen werde. Es war die vollkommene Rache!
Louis Dederer fragte nicht weiter. Er lieà seine Rechte schwer auf die Papierbögen fallen, sodass kleine Staubkörner wie feiner Nebel in der hellen Julisonne aufstiegen. »Es könnte doch auch sein, dass der Ãbele selber reingelegt wurde. Er ist schon so viele Jahre bei mir, ich kann mir nicht vorstellen, dass er mich übers Ohr haut.«
Vor Friedrichs Augen tauchten Bilder auf, wie Ãbele mit den Holzhändlern in seinem kleinen Kabuff verschwand, schulterklopfend und feixend, wie dort die Schnapsflasche kreiste und wie man später wieder herauskam, augenzwinkernd und händeschüttelnd. Sicher, nicht alle Holzhändler machten mit, aber es waren einige. Laut sagte er: »Das glauben sie doch selber nicht.
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