Baumann, Manfred by Wasserspiele

Baumann, Manfred by Wasserspiele

Autor:Wasserspiele
Die sprache: de
Format: mobi
veröffentlicht: 2012-04-21T14:54:45+00:00


»Glaubst du, dass er es war?«, fragte Merana, als sie wieder im Auto saßen und hinunter in die Stadt fuhren. »Zuerst den Liebhaber erschlagen und dann die eigene Frau?«

»Schwer zu sagen.« Carola hielt sich am Handgriff fest. Die Gaisbergstraße war steil und kurvig. »Ich glaube, er hing sehr an ihr. Vielleicht hat er sie eher vergöttert als geliebt. Und es hat ihm wohl mehr ausgemacht, als er vor sich selber zugeben kann. Wenn er fürchten musste, sie zu verlieren, dann kann es schon sein, dass er sie umgebracht hat.«

Merana sah sie von der Seite her an. »Aber das ist nicht logisch. Wenn er sie umbringt, hat er sie doch ganz verloren. Für immer.«

Carola biss sich leicht auf die Unterlippe und nickte bedächtig. »Das stimmt schon. Aber gleichzeitig hat sie auch kein anderer mehr.« Merana bremste heftig, um nicht bei der nächsten Kurve tief unten in der Stadt zu landen.

»Was heißt, kein anderer? Den Rivalen Wolfram Rilling hat er doch ausgeschaltet. Jetzt hätte er sie wieder für sich allein.«

Nun sah Carola ihren Chef von der Seite an. »Und beim nächsten Rivalen? Oder beim übernächsten? Glaubst du wirklich, Martin, der Gartenamtsleiter war ihr erster Seitensprung? Und wie ich die Frau einschätze, wäre er auch nicht ihr letzter gewesen. Sie war 20 Jahre jünger als ihr Ehemann. So etwas geht nur in den seltensten Fällen auf Dauer gut.« 20 Jahre waren eine ganze Menge. Merana hatte sich in letzter Zeit öfter dabei ertappt, dass ihn genau diese Frage beschäftigte.

»Warum hat sich die Zobel nicht von ihrem Mann scheiden lassen, anstatt ihn dauernd zu betrügen? Das Geld kann nicht der Grund gewesen sein. Erstens dürfte sie selber einiges davon gehabt haben und zweitens macht ihr Ehemann nicht den Eindruck, als hätte er sie bei einer Scheidung finanziell hängen lassen.« Carola schwieg. Sie war in Gedanken. Erst als sie das Ende der Minnesheimstraße erreicht hatten und Merana in die Linzer Bundesstraße einbog, sagte sie unvermittelt:

»Auch wenn es vielleicht blöd klingt, Martin, ich glaube, Aurelia Zobel hat sich deshalb nicht scheiden lassen, weil sie im Grunde ihres Herzens an ihrem Mann hing. Vielleicht liebte sie ihn sogar. Er mag zwar etwas langweilig sein, aber er strahlt etwas aus, was Männer nur selten haben– Seriosität und Stärke. An ihn kann man sich anlehnen. So etwas mögen Frauen.« Merana versuchte das eben Gehörte einzuordnen. Er drosselte das Tempo. Die Linzer Bundesstraße in Richtung Innenstadt war wie meist verstopft.

»Und du glaubst, Carola, auch wenn sie beide aneinander hingen, könnte es sein, dass er dieses Mal dachte, er würde sie nun doch verlieren. Und deshalb könnte er zugeschlagen haben? Zwei Mal.«

Carola nickte. »Ja, Martin, er könnte es genau aus diesem Grund getan haben.

Das Herz denkt nicht immer logisch. Schon gar nicht, wenn es Angst hat.«

Merana stiegen Bilder aus seiner Kindheit auf. Er musste an seine Eltern denken. An seine Mutter und an seinen Vater, an den er sich kaum erinnern konnte. Das Herz denkt nicht immer logisch. Schon gar nicht, wenn es Angst hat. Der Satz pochte noch in seinen Ohren, als sie den Parkplatz der Polizeidirektion erreicht hatten.



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