Baltrumer Bärlauch by Ulrike Barow

Baltrumer Bärlauch by Ulrike Barow

Autor:Ulrike Barow
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-86412-198-2
Herausgeber: Leda-Verlag
veröffentlicht: 2015-03-22T00:00:00+00:00


Kapitel 33

Manfred hatte gerade aufstehen wollte und sich rasch wieder geduckt, weil er eben noch rechtzeitig merkte, dass er nicht mehr allein mit Inga in den Dünen war. Ein junger Mann in grün-grauer Uniform war vom Weg abgebogen.

Er sprach Inga an. Ein paar Wortfetzen wehten zu Manfred herüber, und er hatte das Gefühl, dass sie nicht gerade erbaut war über die Störung. Der Mann hob etwas auf und ließ es lachend auf Ingas Bauch fallen. Dann verließ er fröhlich pfeifend das Dünental. Mit wütenden Bewegungen warf Inga sich ihr T-Shirt über, packte ihre Tasche und folgte dem hölzernen Steg zum Strand.

»Schöner Mist«, stöhnte Manfred, »das war’s dann mit der idealen Gelegenheit …« Dennoch ging er ihr nach, vorsichtig Deckung suchend. Er sah, wie sie mit ausgebreiteten Armen ins Wasser lief.

Genau in der Mitte des Strandes zwischen Randdünen und Wasserkante hatte ein fleißiger Gast eine tiefe Kuhle ausgehoben. Jetzt lag sie verlassen da, und Manfred erkannte sie als ideales Versteck.

Inga ließ sich Zeit im Wasser. Er wäre im warmen Sand fast eingeschlafen und schreckte hoch, als ihn eine Bewegung am Strand aufmerksam machte. Sie war herauskommen und rubbelte sich mit ihrem Badehandtuch ab. Dann ging sie nach Westen zu den Strandkörben.

Manfred gab ihr einen guten Vorsprung. Noch hatte er nicht aufgegeben. Er zog seine Schuhe aus, in der Hoffnung, sich barfuß im Sand besser fortbewegen zu können. Als er auf den gezackten Rand einer großen, grauen Muschel trat, wusste er, dass er einen Fehler gemacht hatte. Er ließ sich mit wütendem Schnauben fallen und schaute sich seine Fußsohle an. Ein breiter Schnitt, aus dem es kräftig blutete, zog sich quer über den Ballen.

Schlagartig setzte Schmerz ein, als er versuchte, die Wundränder von Sand zu befreien. Keine leichte Aufgabe, denn nach seiner Pause in der Strandburg war eigentlich alles an ihm von Sand überzogen, Haare, T-Shirt, Arme, Beine und Hände.

Inga war inzwischen aus seinem Blickfeld verschwunden. Er konnte sie nicht einmal als winzige Figur am Horizont ausmachen. Hilflos überlegte er eine ganze Weile, wie er mit seiner Wunde am Fuß umgehen sollte, und entschloss sich schließlich, Socken und Schuhe wieder anzuziehen. Er hatte keine Lust, seine Füße einer weiteren Gefahr auszusetzen. Sein Blick fiel auf die Muschel, die scheinbar harmlos neben ihm lag. Eine pazifische Auster. Bernd hatte ihnen den Namen genannt, als sie bei der Päckchensuche am Strand auf einige von deren Artgenossen gestoßen waren. Den lateinischen Namen hatte Bernd natürlich auch gewusst. Und nicht damit hinterm Berg gehalten. Der Angeber. Hatte erzählt, dass irgendwann mal junge Austern aus einer Zuchtanlage aus irgendeinem Fluss in Holland in die offene Nordsee ausgebüxt waren und jetzt schon die Gebiete um die ostfriesischen Inseln eroberten. Weiter hatte Manfred nicht mehr zugehört. Was interessierten ihn diese blöden Viecher, wenn er nicht gerade drauf trat?

Manfred nahm die Auster und wunderte sich beim Werfen, wie schwer sie war. Sie rollte einige Meter weiter­ aus. ›Soll sich der nächste Blödmann die Füße dran aufschneiden‹, dachte er wütend und stand auf. Es tat höllisch weh beim Laufen, und er erwartete jeden Moment, Blut aus seinem Schuh schwappen zu sehen.



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