BRAINRISE by Christian F. Schultze

BRAINRISE by Christian F. Schultze

Autor:Christian F. Schultze
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783958654228
Herausgeber: 110th
veröffentlicht: 2014-12-11T00:00:00+00:00


5.

Das Wetter in Barcelona war in den Monaten Juni und Juli jenes Jahres, wie fast stets in dieser Stadt, angenehm warm und trocken gewesen. Im darauffolgenden, feuchtheißen August waren sie aus der Stadt geflüchtet. Juan Lemos Fernandez war mit seinen beiden Frauen in den Urlaub in die Schweiz gefahren. Ein deutschstämmiger Schriftstellerkollege hatte ihn und seine Familie auf seinen Berghof eingeladen, der noch einige hundert Meter oberhalb von Disentis gelegen war.

Oneca hatte im Juni ihren 18. Geburtstag mit ihren Freundinnen in Barcelona gefeiert. Sie war nicht sehr begeistert darüber gewesen, dass sie einen großen Teil ihrer letzten Schulferien bis zum Beginn des vorgesehenen Germanistikstudiums in diesem fremden Land, gemeinsam mit den Eltern und noch dazu in den Bergen der Schweizer Alpen verbringen sollte, anstatt an einem warmen Strand am Mittelmeer. Sie ahnte, wie abgeschieden es dort oben sein würde und dass der wanderfreudige Vater sie andauernd zu seiner Begleitung nötigen würde. Aber die pferdebesessene Mutter freute sich unbändig auf den hochgelegenen Graubündner Bauernhof. Der Schweizer Autor betrieb das Anwesen mit einigen Freunden nach historischen Gesichtspunkten. Vor allem züchtete er Einsiedler, eine beinahe ausgestorbene alte Schweizer Pferderasse, auf denen Alethea ausgiebig auszureiten hoffte.

Es war dann viel angenehmer gewesen, als Oneca befürchtet hatte. Die frische Kühle der Bergtäler, die gelegentliche Mitarbeit im Landwirtschaftsbetrieb, besonders im Pferdestall des Freundes, die Reitausflüge zusammen mit ihrer Mutter entlang des Tals des noch ganz jungen Vorderrheins bis nach Turns hinunter und wieder zurück, ja sogar die ausgedehnten Touren mit ihrem Vater an klaren, sonnigen Tagen hinauf in die Bündner Bergwelten, all das hatte ihr sehr gut getan und ihren Horizont erweitert. Einmal waren sie sogar an einem herrlichen, sonnigen, mit fotogenen Schönwetterwolken geschmückten, Tag ganz gemütlich mit der Matterhorn-Gotthard-Bahn über den Oberalppass bis nach Andermatt und zurück gefahren. Die fantastischen Ausblicke in die Berge und Täler der Walliser Alpen, die sich nach jedem Viadukt und nach jedem Tunnel immer neu auftaten, blieben ihr unvergesslich.

Es schien ihr, als hätte sich die Familie dabei neu kennen gelernt und bei ihren abendlichen Zusammenkünften in der uralten Holzstube des Haupthauses erfuhr sie manches über die Probleme und Kämpfe ihrer Eltern, was bislang von ihr fern gehalten worden war.

Der Schweizer Autor hatte im weltberühmten, tausenddreihundert Jahre alten Benediktinerkloster des Ortes eine Lesung und einen Diskussionsabend der deutschen Ausgabe des neuesten Buches Juan Lemos´ organisiert. Und die Tochter fand es anregend und schmeichelhaft, ihm, der das Deutsche nur sehr mangelhaft beherrschte, mit ihren Sprachkenntnissen beiseite stehen zu können. Vater wollte seine Texte nicht selber vorlesen. Das hatte der Freund besorgt, der seinerseits einen für Oneca etwas gewöhnungsbedürftigen Akzent sprach. Und die hochkarätigen und interessierten Zuhörer, die sich in spanischer und katalonischer Geschichte nur oberflächlich auskannten, hatten danach viel über Barcelona, seine Geschichte und die Rolle dieser Stadt im Bürgerkrieg, aber auch über seine jetzige Stellung im Königreich, wissen wollen. Sie musste nun vor sich selbst zugeben, wie vorausschauend es gewesen war, dass die Eltern darauf gedrungen hatten, dass sie fleißig Deutsch und Englisch lernte. Und nun freute sie sich auf das bevorstehende Studium mehr als zuvor.



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