Auf den zweiten Blick by Picoult Jodi

Auf den zweiten Blick by Picoult Jodi

Autor:Picoult, Jodi [Picoult, Jodi]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
veröffentlicht: 2011-12-04T23:00:00+00:00


15

»Deutschland.«

»Dänemark.«

Alex strich mit den Fingern über meine Rippen. »Dänemark hattest du schon.«

Ich hielt seine Hände fest und drückte sie an mich. »Dann Dominikanische Republik.«

Alex schüttelte den Kopf. »Die hatte ich schon. Gib doch zu, du hast verloren. Wir haben alle Länder durch, die mit D anfangen.«

Ich zog die Brauen hoch. »Ehrlich?« fragte ich. Wir hatten Stadt-Land-Fluß gespielt, an einem faulen Donnerstagnachmittag, und uns schließlich darauf verlegt, nur noch Länder zu nennen. »Das mußt du mir beweisen.«

Alex lachte. »Gern. Aber du holst den Atlas.«

Ich tat so, als wolle ich aufstehen, aber Alex nahm seinen Arm nicht weg und zeigte mir so, daß er mich nicht gehen lassen würde. Er lag auf einem jagdgrünen, gestreiften Liegestuhl, und ich zwischen seinen Beinen, mit dem Kopf an seiner Brust. Ich schaute in den Himmel, wo die Sonne die Ränder einer Wolke, hinter der sie sich versteckte, zum Leuchten brachte. »Lernst du in deiner Freizeit den Atlas auswendig?« neckte ich ihn, dabei wußte ich die Antwort längst: Alex hatte sich Erdkunde als Kind selbst beigebracht, indem er sich die exotischen Namen jener Orte vorsagte, an denen er lieber gelebt hätte.

Alex küßte mich auf den Scheitel, und als seien die beiden Vorgänge miteinander verbunden, trat die Sonne hinter der Wolke hervor. »Ich bin ein Mann von großem Talent und großer Empfindsamkeit«, bemerkte er trocken, und ich fragte mich, ob er ahnte, wie recht er damit hatte.

Trotz allem, was ich dir über unsere Ankunft in L. A. erzählt habe, hatten sich meine unguten Gefühle während der Woche in Luft aufgelöst. Nach unserer Rückkehr war Alex nicht sofort wieder arbeiten gegangen und hatte mich mir selbst überlassen. Statt dessen hatten wir in der vergangenen Woche im Swimmingpool im Garten geplanscht, in dem üppigen Buchsbaumlabyrinth Verstecken gespielt und barfuß, ohne Musik, auf dem Balkon vor dem Schlafzimmer getanzt. Nach dem Abendessen schickte Alex die Angestellten nach Hause und liebte mich jeden Abend in einem anderen Zimmer: auf dem Mahagonitisch in der Bibliothek, auf dem Perserteppich im Salon, auf dem weißen Korbschaukelstuhl auf der abgeschirmten Veranda. Auf diese Weise, sagte er, wirst du nirgendwohin gehen können, ohne an mich zu denken. Im Gegenzug nahm ich ihn mit in die Universität, in mein Büro, und zeigte ihm, woran ich zur Zeit im Labor arbeitete, der Rekonstruktion eines Australopithecus-Oberschenkelknochens. Ich stellte ihn Archibald Custer vor, und Alex ließ durchblicken, daß er geneigt sein könnte, der Fakultät eine beträchtliche Summe zu spenden, wenn die Zahl der festangestellten Dozenten aufgestockt würde. Dieser Vorschlag – über den wir nicht gesprochen hatten - war mir peinlich. Man bot mir eine außerordentliche Professur und eine erstklassige Auswahl an Januarkursen an, was ich niemals angenommen hätte, wenn Alex mich nicht gebeten hätte, ihm diesen Gefallen zu tun. Du hast mein Leben verändert, sagte er. Laß mich deines verändern.

Alex verbrachte so viel Zeit an meiner Seite - er stellte mich seinem Agenten, seinen Angestellten, seinen Freunden vor -, daß ich ihn irgendwann fragte, ob er eigentlich beabsichtige, von meinem Gehalt zu leben. Nicht daß Geld ein Problem gewesen wäre. Ophelia hatte recht gehabt - Alex verdiente an jedem Film zwischen vier und sechs Millionen Dollar.



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