Atme! by Judith Merchant

Atme! by Judith Merchant

Autor:Judith Merchant
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Thriller
ISBN: 9783462320169
Herausgeber: Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co. KG


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◼ Es war eine relativ brutale Vergewaltigung.

Das ist die sachliche Kurzfassung dessen, was mir passiert ist, als ich 19 war. Zwei angebrochene Rippen, zahlreiche Prellungen. Es war keine Gewaltorgie, ich wurde nicht stundenlang gequält, nur etwa eine halbe Stunde, ich habe nicht auf die Uhr geguckt. Der Kerl war kein Sadist, er wollte etwas, und das hat er sich genommen, allerdings brutaler als nötig, das war es, nicht mehr und nicht weniger.

Ich bausche das nicht auf.

Ich erzähle auch keine Details, das vergrößert nur seine Macht.

Aber seinen Namen kann ich verraten:

Claus. Claus Wagner.

Ich hatte mich auf einen Ferienjob in seiner Kneipe beworben. Er stellte mich ein. Nach meinem ersten Tag dort haben wir gequatscht, er hat gebaggert, ich habe ihn abgewiesen. Und dann das.

Zuerst dachte ich, ich bringe ihn um und fackle sein Haus ab. Oder ich ziehe weg und fange ein neues Leben an. Stattdessen habe ich ihn angezeigt.

Mit der Anzeige wurde es schlimmer. Nicht, weil mir niemand geglaubt hätte. Sondern wegen der ganzen Fragen, die sie gestellt haben. Und weil ich dadurch immer wieder daran denken musste. Was ich wie erklären muss, welche Einzelheiten wie waren, wo ich mich geirrt haben könnte. Was er denken würde, wenn die Polizei plötzlich bei ihm auf der Matte steht. Wann der Termin vor Gericht wäre, wie es dann weitergehen würde.

An all diese Dinge musste ich unablässig denken, es hat nicht aufgehört, es wurde immer schlimmer.

Darum hab ich die Anzeige zurückgezogen.

Nicht aus Schwäche. Oder aus Angst. Sondern, weil ich meine Ruhe haben wollte. Ich wollte diese Opferrolle nicht mehr, ich wollte einfach nur weitermachen mit meinem Leben.

Und dann war er tot.

Als er endlich tot war, ging es mir langsam besser.

Es ging mir vielleicht nie mehr richtig gut, aber es ging mir okay. Und dann kam ja Ben. Zum Glück kam Ben. Und dann war alles gut, endlich.

Selbst als es schwierig war, selbst als ich ihn aus Versehen verletzt habe, führte das nur dazu, dass wir geredet haben und es noch inniger zwischen uns wurde. Ich hatte solche Angst, ihm alles zu erzählen, ich hatte solche Angst, was er sagen würde.

Und alles, was er sagte, war: »Wir schaffen das.« Und: »Jetzt verstehe ich, warum du so bist, wie du bist.«

Und dann sagte er: »Sobald die Scheidung durch ist, heiraten wir.«

So ist Ben.



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