Ariely, Dan by Wer denken will muss fuhlen

Ariely, Dan by Wer denken will muss fuhlen

Autor:Wer denken will, muss fuhlen [Wer denken will, muss fuhlen]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-06-13T03:40:58+00:00


Bei mir hatten die Schmerzen, die ich während meines Krankenhausaufenthalts hatte ertragen müssen, zum Großteil mit meiner allmählichen Gesundung zu tun. Die Operationen, die Physiotherapie und die medizinischen Bäder, das alles war qualvoll. Doch ich hielt alle Prozeduren aus, weil ich hoffte, dass sie eine Verbesserung meines Zustands bewirken würden. Selbst wenn die Behandlungen keinen unmittelbaren oder gar keinen Erfolg brachten, wusste ich doch, dass sie letztlich meine Genesung unterstützen sollten.

Zu den schwierigsten Erfahrungen in den ersten Jahren nach meinem Unfall zählten beispielsweise starke Dehnungen meiner Haut. Jedes Mal, wenn ich mit abgewinkelten Ellbogen oder Knien dasaß, auch wenn es nur für eine Stunde war, zogen sich die Narben ein kleines bisschen zusammen und meine heilende Haut spannte sich, so dass ich meine Arme oder Beine nicht mehr ganz strecken konnte. Um dieses Zusammenziehen der Narben zu verhindern, musste ich meine Haut mit Hilfe krankengymnastischer Übungen selbst dehnen – fest auf die gespannte Haut drücken, ohne dass die Narben einrissen, obwohl es sich so anfühlte. Wenn ich die schrumpfenden Narben nicht viele Male am Tag dehnte, würde sich die Haut immer stärker spannen, bis die volle Beweglichkeit verlorenging. Dann müssten die Ärzte eine weitere Hauttransplantation vornehmen, um die Hautfläche an den schrumpfenden Narben zu vergrößern, und dann begänne die ganze Hautdehnprozedur von neuem.

Besonders unangenehm war der Kampf gegen die schrumpfenden Narben an der Vorderseite meines Halses. Jedes Mal, wenn ich nach unten sah oder die Schultern entspannte, verringerte sich die Hautspannung in diesem Bereich, und die Narben begannen sich zusammenzuziehen. Um das Narbengewebe zu dehnen, ließen mich die Physiotherapeuten nachts flach auf dem Rücken liegend schlafen, und zwar so, dass mein Kopf nach hinten über die Kante der Matratze hing. Auf diese Weise wurde die Vorderseite meines Halses maximal gedehnt (die Schmerzen am Hals, unter denen ich heute noch leide, erinnern mich tagtäglich an diese unbequeme Schlafposition).

Der ausschlaggebende Punkt ist, dass selbst diese unangenehmen Prozeduren darauf abzielten, meine Einschränkungen nach und nach zu beseitigen und meine Beweglichkeit zu erhöhen. Ich vermute, dass Menschen mit Verletzungen, wie ich sie hatte, lernen, Schmerzen mit der Hoffnung auf ein gutes Ende zu verbinden – und dass diese Verknüpfung zwischen Leiden und Hoffnung ihnen etwas von der mit Schmerzerfahrungen verbundenen Angst nimmt. Hingegen konnten die beiden chronisch kranken Personen, die an unserer Schmerzstudie teilnahmen, keinerlei Verbindung zwischen ihren Schmerzen und der Hoffnung auf Besserung herstellen. Diese beiden assoziierten Schmerzen höchstwahrscheinlich mit einer ständigen Verschlechterung ihres Zustands und dem nahen Tod. Mangels positiver Assoziation mussten sie Schmerzen wesentlich intensiver und mit mehr Angst verbunden erlebt haben.



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