Arbeit by Bauer Joachim

Arbeit by Bauer Joachim

Autor:Bauer, Joachim [Bauer, Joachim]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Sachbuch
ISBN: 9783641097028
Herausgeber: Blessing, Karl Verlag
veröffentlicht: 2013-04-21T22:00:00+00:00


Die »Erfindung« des Menschen als Arbeitskraft

Über die Gründe für den als »neolithische Revolution« bezeichneten Beginn der Sesshaftigkeit des Menschen lässt sich nur spekulieren. Möglicherweise war es ein Mangel an bisher ausreichend zur Verfügung stehenden Ressourcen. Dezimierte Wildbestände oder ein klimatisch bedingter Rückgang der natürlichen Vegetation könnten den Menschen dazu veranlasst haben, »im Schweiße seines Angesichts« Korn anzubauen und Tiere zu domestizieren. Der Bau fester Behausungen und der Beginn von Ackerbau und Viehzucht waren eine technologische Revolution. Eines ihrer Produkte war die »Erfindung« des Menschen als Arbeitskraft. Die neolithische Revolution markiert den Beginn des zivilisatorischen Zeitalters. Die ihr nachfolgenden Kulturen des Zweistromlandes brachten eine einschneidende, tief greifende Veränderung des Zusammenlebens von Menschen mit sich305. Nicht nur die Arbeit (im heutigen Sinne), auch das Eigentum an Grund und Boden und Handelswaren wurden »erfunden«. Wenig später folgte die »Erfindung« des Geldes und der Schrift. Die sich um Eigentum, Geld und andere knappe Ressourcen logischerweise entwickelnden Konflikte waren mit einem hohen Maß an sozialer Desintegration und einer Zunahme zwischenmenschlicher Gewalt verbunden gewesen, was nun erstmals auch die Installation expliziter Moral- und Gesetzessysteme erforderlich machte306.

Dort, wo sie möglicherweise »erfunden« worden war, währte die Arbeit nicht lange. Aus bis heute nicht ganz verstandenen Gründen verließen die obermesopotamischen Siedler von Göbekli Tepe (und einigen benachbarten, ähnlichen Orten) nach einigen Jahrhunderten ihre Anlage, wobei sie diese vor ihrem Abmarsch sorgfältig zuschütteten (diesem Umstand ist zu verdanken, dass sie, bestens erhalten, in den letzten Jahren ausgegraben werden konnten). Ihre historische Fortsetzung fand die Geschichte der Arbeit dann jedoch am Unterlauf von Euphrat und Tigris, wo Menschen ab etwa 6 000 bis 5 000 vor unserer Zeitrechnung zu siedeln begannen307. Ab dem 4. Jahrtausend vor Christus entwickelten die Sumerer ihre Kultur308. Ihnen folgten im Zweistromland die Reiche der Akkader, Babylonier und Assyrer, am Nil entwickelte sich parallel dazu das Reich der Pharaonen309.

Die Anlage von Kanalnetzen bzw. künstlichen Bewässerungssystemen bedeutete einen gewaltigen Arbeitsaufwand, den man schon im Zweistromland lieber von anderen erledigen ließ, als ihn selbst zu leisten. Gleichzeitig entwickelte sich in den Städten das Handwerk. Spätestens jetzt war der Mensch als Arbeitskraft »erfunden«. Landarbeiter oder mit Raubzügen erbeutete Sklaven verrichteten die anstrengende Arbeit auf den Feldern. Neben dem Kampf um Macht und materielle Ressourcen dienten Kriege vor allem der Gewinnung von Arbeitskräften. Kriegerisch erzwungene Deportationen ganzer Völker allein zu diesem Zweck waren keine Seltenheit310 – und sollten es in der weiteren Menschheitsgeschichte nicht bleiben.



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