Anweisungen an die Krokodile by Lobo Antunes António

Anweisungen an die Krokodile by Lobo Antunes António

Autor:Lobo Antunes, António [Lobo Antunes, António]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: d-Luchterhand HC
veröffentlicht: 2016-01-21T00:00:00+00:00


18

Wenn mein armer Vater das wüßte, du liebe Güte, aber ich habe aus Mitleid ja gesagt, bin in sein Zimmer gezogen, habe die Kruzifixe gegen den Fön und die Parfümflakons ausgetauscht, nun denn, ich habe ja gesagt, das Fenster ging nicht mehr wie auf meiner Seite zur Statue vom Campo de Santana hinaus, da brauchte ich nur zur Fensterbrüstung zu gehen und sah gleich die Schwäne und die Gebete der Spiritisten, sondern zur Parkananlage der Bisca spielenden Rentner, und hinter dem Zaun, dort unten, ganz Lissabon, dieser Wurf Welpen, mit ihren Schornsteinschwänzen wedelnd sprangen die Dächer auf mich zu, versuchten, mir mit ihren Rauchzungen das Kinn zu lecken, beachtete ich sie nicht, knurrten sofort eifersüchtige Busmotoren, schloß ich den Fensterriegel, protestierten sie mit Hupengebell, nachts spürte ich selbst bei geschlossenen Rolläden, wie ihre demütigen Dachlukenaugen mich suchten wie die Augen der Christusse an der Wand

– Wenn dein armer Vater das wüßte du liebe Güte

– Laßt mich in Ruhe

und dann diese Kirchengerüche, die Jungfrau Maria auf einem Tonwölkchen mit einer abgebrochenen Ecke, kaum hatte ich mein Gesicht abgewandt, da tönte aus ihr die Stimme meiner Mutter mit einem Schrei

– Was denkst du dir eigentlich dabei Fátima

das Diplom auf Latein mit dem Segen des Papstes, die Rentner unter der Zeder kloppten, jeder mit seiner Spatzenaureole, Trümpfe, der mit der Unteroffiziersmütze verwahrte die Zigarettenkippen hinterm Ohr, der Blechschmied, der nur eine Hand hatte, wies mit dem Mund auf die Karte, eine beflissene Faust tauchte auf und zog sie mit gekrümmten Fingern heraus, der Krüppel hüpfte fluchend auf der Bank herum

– Nicht die da die andere Sie Hornochse

eine zweite Faust mit gekrümmten Fingern wechselte die Dame, die mir ähnlich sah, gegen eine wertlose Sechs aus, wenn die Brise von Osten wehte, löschte der Glyzinienduft die Kirchengerüche, blaue Blütenblätter wischten über die Fensterrahmen, der Blechschmied, an dessen Rockaufschlag ein Akkordeon aus Losen mit einer Sicherheitsnadel befestigt war, verlangte, daß das Spiel wieder von vorn angefangen werden sollte, da sie jetzt seine Karten kannten, nachmittags kam er in Begleitung des mit Medaillen geschmückten Unteroffiziers ins Straßencafé und stellte seinen Armstumpf zur Schau

– Den habe ich weil ich bei einem Brand in Abrantes zwei Kinder vor dem Tode gerettet habe

ein Seufzen hinter mir beunruhigte die Glyzinien, ein Flehen, das nicht von einem Menschen sondern von irgend etwas Altem, dem Ächzen einer Kampfertruhe, dem Protest von Wasserrohren in einem Strandhaus, dem Rascheln von Vorhängen auf einem leeren Dachboden stammte, eine beflissene Faust zog die Dame, gekrümmte Finger suchten meinen Nacken

– Fatinha

ihr habt euch geirrt, haut mich nicht auf den Tisch, nicht mich wollt ihr, sondern eine wertlose Sechs, die Segnung des Papstes hatte die Buchstaben vergrößert, die Vokale verschluckten mich mit ihren runden Mündern, die Christusse nahmen an der Bisca unter der Zeder teil, eine Zigarette hinterm Ohr, jeder mit seiner Spatzenaureole, Westen wie vor dreißig Jahren, schnieke Krawatten, von Brotkanten für die Tauben ausgebeulte Taschen, Busfahrkarten zusammengefaltet im Ring mit einem Stein, der den Ehering verdeckte, wenn der Nachmittag halb herum war, brachen sie, während sie unter



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