Alles, was man braucht (German Edition) by McQuestion Karen
Autor:McQuestion, Karen [McQuestion, Karen]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: AmazonCrossing
veröffentlicht: 2013-10-28T23:00:00+00:00
13. Kapitel
Skyla arbeitete schon mehr als zwei Monate in der Buchhandlung, als sie Madame Picard endlich kennenlernte. Das Geschäft war mittlerweile tadellos in Ordnung. Sie hatte geputzt, bis alles glänzte, die Wände gestrichen, die Bücherregale verschoben und die Ware neu sortiert. Im Keller standen immer noch Kisten, aber sie hatte keine Eile, sie auszuräumen – was immer sich darin befand, war vermutlich schon vermodert und verschimmelt. Alles zu seiner Zeit, dachte sie – ein Ausspruch, den sie Thomas’ Aussage nach immer dann benutzte, wenn sie nicht die Absicht hatte, etwas Bestimmtes zu tun, doch den Keller würde sie sich mit Sicherheit irgendwann vornehmen. Wenn die Kisten schon nicht zu gebrauchen waren, so konnten sie wenigstens weggeworfen werden, um Platz zu schaffen.
Das Schaufenster hatte sie bereits zum zweiten Mal umdekoriert. Ihre erste Gestaltung – das Gruselthema – war mit Halloween zusammengefallen, und sie hatte von den Kunden viele Komplimente erhalten. Für das nächste Mal beschloss sie, Souvenirs von den Reisen der Towers’ aus aller Welt auszustellen, und wählte als Hintergrund eine Weltkarte. Sie hängte kleine Modellflugzeuge an Angelschnüren von der Decke und stellte eine Auswahl an Reiseführern zwischen peruanische Keramikarbeiten, eine Schweizer Kuhglocke und Püppchen in verschiedenen Landestrachten. Die Novemberkälte drang durch die Schaufensterscheiben und trieb sie zur Eile. Skyla nahm sich vor, bei wärmerem WetterXt a Restaurant eine neue Dichtung in die Fensterrahmen zu ziehen.
Sie war stolz auf das Ergebnis ihrer Dekoration. Die Frontseite des Geschäfts war mittlerweile eine Attraktion geworden, wie sie fand, und würde Kunden herbei- und hoffentlich mit gezückter Geldbörse durch die Tür locken. Risa sagte, in den letzten Monaten hätten sich die Einnahmen verdreifacht, und schrieb es Skyla zu. Thomas dagegen meinte, die Umsatzsteigerung liege vermutlich an den nahenden Feiertagen, was zwar auch stimmen mochte, aber Skyla wollte lieber denken, ihre harte Arbeit hätte diese Wende beschert.
Sie war allein im Geschäft und gerade dabei, dem Schaufenster den letzten Schliff zu geben, als Madame hereinkam. Skyla hörte die Glocke und wusste, dass jemand den Laden betreten hatte. Auf Händen und Knien rutschte sie rückwärts aus dem Fenster, stellte sich aufrecht und wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab.
Die ältere Frau, die im Geschäft stand, löste einen langen Häkelschal von Hals und Kopf. Sie trug ein schwarzes Kleidungsstück, das man nur als Kutte bezeichnen konnte, ein Mittelding zwischen Umhang und Mantel. Auf ihren Schultern und den Haaren lagen noch ein paar Schneeflocken.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte Skyla.
Die Frau lächelte und zeigte perfekte Zähne zwischen rubinrot geschminkten Lippen. Einen Moment lang dachte Skyla, sie werde nach der Toilette fragen.
»Nein, nein, Schätzchen, ich arbeite hier.« Die Frau zog ihre Kutte aus und legte sie sich über den Arm. Sie sprach mit einem Akzent, den Skyla nicht genau zuordnen konnte. »Ich bin Madame Picard, die Intuitionistin.« Sie streckte ihre Hand vor, und Skyla schüttelte sie instinktiv. Madames Hand fühlte sich kühl und glatt an, fast wie Papier. Ihre langen, lackierten Fingernägel streiften Skylas Fingerknöchel. »Und Sie sind Skyla.«
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