Alles auf Anfang by David Benioff

Alles auf Anfang by David Benioff

Autor:David Benioff
Die sprache: de
Format: mobi, epub
Herausgeber: Blessing Verlag
veröffentlicht: 2010-07-18T22:00:00+00:00


2 Vierzehn Jahre später war ich allein zu Hause und sah mir eine Kassette aus der Videothek an, einen alten James-Cagney-Gangsterfilm. Etwa in der Mitte gab es eine kurze Bildstörung, und dann erschienen zwei schwitzende schwarze Männer, von denen einer auf dem Boden kniete, um dem anderen einen zu blasen. Fast eine Minute lang starrte ich auf den Bildschirm, versuchte zu kapieren, was das Ganze mit Banküberfällen, Filzhüten, Maschinenpistolen zu tun hatte. Der Mann, der einen geblasen kriegte, hatte das erstaunlichste Lächeln im Gesicht - die Tore des Paradieses waren weit geöffnet, und er schritt hindurch, umgeben von Heiligen. So habe ich noch nie gelächelt, sagte ich bei mir; so werde ich nie lächeln. Was fange ich eigentlich mit meinem Leben an?

Nicht, was Sie jetzt denken. Ich kam nicht etwa zu dem Schluss, dass ein Blowjob von einem Schwarzen genau das war, was ich brauchte. Vielleicht ist das ja genau das, was ich brauche, vielleicht ist das ja das Heilmittel gegen alles, was mir fehlt, aber derlei Gedanken gingen mir nicht durch den Kopf. Ich dachte: Das da bin ich, das da ist mein Leben, kein Film mit logisch fortschreitender Handlung, sondern eine wilde Mischung aus allen Genres: Porno und Slapstick und Teenie-Romanze und Horror. Keine Cowboys, noch nicht, und keine Raumschiffe, aber das kommt noch.

Ich drückte die Stopptaste und stellte mir das Gelächter eines gelangweilten Witzbolds vor, der sich vergnügt die Hände rieb, während er, Wochen oder Monate zuvor, diesen Plan ausheckte. Wer er auch war, er brachte mich total aus dem Konzept. Eine Stunde lang saß ich auf dem Sofa, das Licht und der Fernseher ausgeschaltet, ohne ein Bier in der Hand, ohne von irgendeinem Geräusch gestört zu werden, abgesehen von einem vereinzelten Auto, das auf der Rickover Street vorbeifuhr.

Ich hatte immer erwartet, berühmt zu werden. Ich hatte gedacht, ich würde professionell Football spielen und an der Mahlus High würde es einmal einen Raum geben, der mir gewidmet und mit Erinnerungsstücken an mich ausgestattet war; ich würde mit meiner vorbildlichen Ehefrau in TV-Werbespots für die Wohltätigkeitsorganisation United Way auftreten; in den Interviews nach dem Spiel würde mein Quarterback es nie versäumen, mir dafür zu danken, dass ich seinen Arsch gerettet hatte. Aber es kam anders. Im letzten College-Jahr brach ich mir das Genick, als ich den Lauf eines gegnerischen Ballträgers blockierte; ich war sechzehn Stunden gelähmt, und die Ärzte dachten, es sei für immer. Die Chirurgen verschmolzen zwei meiner Halswirbel miteinander, und einen Monat später lernte ich wieder gehen.

Mein Vater saß Tag für Tag bei mir im Krankenhaus. Eines Morgens fing ich an zu weinen und konnte nicht aufhören. Ich sagte ihm, wie leid es mir tat, weil ich wusste, wie gern er zuschaute, wenn ich spielte. Ich sagte ihm, dass es mir vorkomme, als hätte ich einen Kampf verloren, den Kampf, dass ich nicht hart genug war, und mein Vater schüttelte den Kopf und sagte, es habe nie einen Kampf gegeben. Es war einfach ein Unfall. Ich sagte, es war ein Kampf, und ich habe verloren. Mein Vater konnte mir nicht in die Augen sehen.



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