Allein unter Amerikanern by Tenenbom Tuvia

Allein unter Amerikanern by Tenenbom Tuvia

Autor:Tenenbom, Tuvia
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Suhrkamp Verlag
veröffentlicht: 2016-01-29T05:00:00+00:00


13. ETAPPE Auf der Journalisten nur in Begleitung junger Hostessen pinkeln dürfen

In Anchorage, Alaska, kann man sich ohne Auto nicht bewegen, also miete ich mir einen Ford Fiesta ES – den kleinsten Wagen, den ich bisher unterm Hintern hatte, mehr hat dieser Verleih nicht auf Lager.

Der Präsident und sein Außenminister kommen hierher, um auf einer vom Außenministerium organisierten internationalen Konferenz über den Klimawandel zu diskutieren. Titel der Veranstaltung: »Conference on Global Leadership in the Arctic: Cooperation, Innovation, Engagement and Resilience (GLACIER)« (Konferenz über die globale Führung in der Arktis: Kooperation, Innovation, Engagement und Widerstandsfähigkeit – GLETSCHER). In weniger bombastischen Worten geht es bei dieser Veranstaltung um den Kampf gegen den Klimawandel.

In einem Artikel in der Alaska Dispatch News schreibt Senator Dan Sullivan aus Alaska:

»Wenn Präsident Obama uns besucht, erkennt er Alaska hoffentlich als das, was es ist: sowohl ein Symbol des Besten, was der amerikanische Charakter und Geist zu bieten hat, als auch ein realer Ort mit realen Menschen.«

Vielleicht, vielleicht auch nicht. Nur Augenblicke nach meiner Landung in Anchorage lerne ich jedenfalls Folgendes: Nicht alle Einwohner von Alaska sind über Obamas Besuch glücklich, vielen wäre es lieber, er flöge woandershin. Warum? Wenn der US-Präsident hier eintrifft, wird der private Luftverkehr stark eingeschränkt, was für die hiesigen Menschen eine ungebührliche Härte ist: Sie lieben es, sich mit ihren kleinen Fliegern von A nach B zu bewegen. In Alaska sind weite Landstriche nur mit dem Flugzeug zu erreichen. Die Flugzeuge aber müssen dann am Boden bleiben. Schlimmer noch: Die geplante Ankunft des Präsidenten fällt mit dem Beginn der Elchjagdsaison zusammen, in der die braven Bürger von Alaska mit ihren Maschinen zu den besten Jagdgebieten fliegen. Und jetzt kommt ihnen Obama in die Quere.

Ich selbst habe nicht vor, irgendwelche Elche zu jagen.

Ich esse Lachs in einem Restaurant namens Simon & Seafort’s an einem Tisch mit drei Einwohnern von Alaska, die Privatflugzeuge und Pilotenscheine besitzen.

Mich interessiert, was sie über die GLACIER-Konferenz und den Klimawandel denken. Bei meinen Gesprächen mit Menschen im Norden der USA, von denen ich einige auf den vorangegangenen Seiten wiedergegeben habe, musste ich feststellen, dass fast alle, denen das Thema Klimawandel wichtig ist, auch Palästina am Herzen liegt. Welche Beziehung besteht zwischen dem Klimawandel und Palästina? Keine, lautet die kurze Antwort. Ich weiß es nicht, lautet die lange.

Ich frage die Leute am Tisch nach ihrer Meinung, aber sie möchten lieber erst essen.

Kein Problem.

Wir beginnen mit einer Fischplatte.

Wir essen und plaudern belangloses Zeug.

Der Fisch ist im Übrigen nicht schlecht. Er kostet ein Vermögen, aber was bleibt mir anderes übrig? Ich sitze mit reichen Leuten zusammen, die teure Restaurants mögen.

Einer am Tisch, Chris, scheint der Wohlhabendste zu sein. Er ist in der Finanzwirtschaft tätig, er jagt, er fliegt und er besitzt sehr viel. Und er ist zu allem Überfluss auch noch ein Denker. Alaska, erzählt er mir, ist der freieste Staat Nordamerikas. In Alaska, sagt er, und die anderen stimmen zu, machen die Leute größeren Gebrauch von ihrer Freiheit als jeder andere Amerikaner. Wie kommt’s? Tja, wegen der Privatflugzeuge. Hier in Alaska kann



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