Albert Einstein (Beck'sche Reihe) by Hubert Goenner

Albert Einstein (Beck'sche Reihe) by Hubert Goenner

Autor:Hubert Goenner [Goenner, Hubert]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783406675935
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 2015-03-11T04:00:00+00:00


7. Erst gefeiert, dann vertrieben

Im März 1929 wurde Einstein fünfzig Jahre alt. Seine Selbstbeschreibung von 1920: «Bleiches Gesicht, lange Haare und eine Art bescheidenes Bäuchlein» galt noch; die Haare waren nicht kürzer, das Bäuchlein vielleicht etwas runder. Im Unterschied zum Dramatiker Gerhart Hauptmann, der aus diesem Anlass ein Festbankett im Hotel Adlon ausgerichtet hatte, flüchtete Einstein vor dem zu erwartenden Rummel in das Landgut «Villa Lemm» des Modearztes Janos Plesch in Gatow in Riechweite der Berliner Rieselfelder. Das schönste Geschenk, das der eher sozialistisch eingestellte Gelehrte von seinen «Kapitalisten-Freunden aus dem Bankhaus» «Berliner Handelsgesellschaft» bekam, war ein Jollenkreuzer mit 20 qm Segelfläche, «Tümmler» genannt. Mit diesem Boot verbrachte der begeisterte Segler dann viel Zeit auf dem Wasser, ungestört von Frau Elsa und Familie, gelegentlich begleitet von einer Geliebten.

Irgendwie war dem Berliner Oberbürgermeister eingeflüstert worden, dass eine Verleihung des Berliner Ehrenbürgerrechts, wie es Max Liebermann zwei Jahre zuvor zu seinem achtzigsten Geburtstag erhalten hatte, nicht ausreiche. Der Magistrat fasste den ungewöhnlichen Beschluss, «dem größten Gelehrten des Jahrhunderts, unserem Mitbürger» ein Havelgrundstück zu überreichen. Elsas Verhandlungen darüber mit der Stadtverwaltung verliefen ohne Ergebnis; die beiden angebotenen Grundstücke waren entweder nicht frei verfügbar oder neben einem Motorbootclub. Ein abgeänderter Magistratsbeschluss, der einen entsprechenden Geldwert versprach, kam nicht zustande; ob der schlechten Finanzlage der Stadt wegen oder weil Nazisympathisanten im Hintergrund ihn hintertrieben, ist unklar. Nach hämischen Pressekommentaren erwarb Einstein ein geeignetes Grundstück auf eigene Kosten. Nach einigen Monaten der Planung mit dem Architekten Konrad Wachsmann entstand noch vor dem Sommer 1930 in Caputh südlich von Potsdam an der Havel ein unterkellertes, heizbares, schlichtes Holzhaus aus Fertigteilen. Nur drei Jahre lang konnte Einstein dort die Sommer bis weit in den Herbst hinein unbeschwert und glücklich verbringen. Erste und letzte Eintragung im Gästebuch stammen von seinem Berliner Kollegen Max von Laue. Das auf den Namen von Elsas Töchtern im Mai 1933 in das Grundbuch eingetragene Anwesen wurde schon im Januar 1935 den Einsteins gestohlen oder, wie damals amtlich formuliert, «entschädigungslos enteignet». Das seit 2005 als Gedenkstätte wiedereröffnete Haus gehört nach einem langwierigen Rückgabeverfahren im Wesentlichen der Hebräischen Universität Jerusalem.

Ende Juni erhielten beide, Max Planck und Albert Einstein, die anlässlich von Plancks fünfzigstem Doktorjubiläum gestiftete «Max-Planck-Medaille» der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Die Sorbonne verlieh Einstein den Ehrendoktor. Der deutsche Botschafter berichtete, «dass Professor Einstein in der hiesigen Gelehrtenwelt und darüber hinaus […] eine Achtung und ein Interesse genießt, wie kein anderer deutscher Gelehrter der Gegenwart». Andere Ehrungen kamen hinzu. Seit 1923 war Einstein Mitglied des Ordens «Pour le Mérite für Wissenschaft und Künste»; 1926 hatte er die Goldmedaille der Royal Astronomical Society in London bekommen. 1930 und 1931 folgten weitere Ehrendoktortitel von der ETH Zürich und der Universität Oxford. Der dekorierte Einstein bewegte sich in Berlins «gehobener Gesellschaft» in vielen Kreisen, außer in Diplomatie, Hochfinanz und im Adel. Auch mit Schauspielern, Künstlern und Musikern tauschte er sich aus. Allerdings blendete sein bürgerlicher Geschmack zeitgenössische Musik wie etwa die Hindemiths oder die Maler der Neuen Sachlichkeit aus. Seine engeren Freunde fand er unter jüdischen Ärzten wie Moritz Katzenstein oder Otto Juliusburger.



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