Alarm im Zirkus Sarani by Wolf Stefan

Alarm im Zirkus Sarani by Wolf Stefan

Autor:Wolf, Stefan [Wolf, Stefan]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 3570150097
Herausgeber: cbj
veröffentlicht: 2013-04-09T22:00:00+00:00


Schwanzwedelnd und brav, als könnte er kein Wässerchen trüben, wurde Oskar von Tom an der Leine geführt. Sie strebten dem großen Zirkuszelt zu.

»Und niemand fotografiert das«, sagte Gaby. »Es wäre der Schnappschuss des Jahres.«

»Aber alle dächten, es wäre gestellt«. Tarzan schätzte die Entfernung. »Wir müssen ihnen den Weg abschneiden, sonst hauen sie wieder ab.«

»Wer weiß, was die vorhaben«, nickte Gaby.

Sie liefen an einer Reihe von Wohnwagen entlang in Richtung Zelt. Sie kürzten ab, kamen aber trotzdem zu spät.

Sie sahen gerade noch, wie Tom und Oskar durch einen der Zelteingänge verschwanden.

»Was ist denn das?«, fragte Gaby, ohne das Tempo zu mindern. »Die Gitter, meine ich.«

Das Gebilde sah aus wie ein Tunnel, der freilich aus gewölbten Gittern gebaut war. Er begann beim Tigerkäfig und führte ins Zelt.

»Das ist der Gitterlaufgang für die Raubtiere«, rief Tarzan. »Klar, irgendwie müssen sie ja vom Käfigwagen in den Zentralkäfig der Manege kommen. Und Löwen, Tiger, Leoparden und Panther werden nun mal nicht am Halsband geführt.«

Sie stürmten ins Zelt. Lichter brannten. Die Luft roch nach Sägemehl, Leder und Holz.

In der Manege war der Zentralkäfig aufgebaut. Ein Rund aus hohen Gitterwänden, nach oben zusätzlich mit Netzen gesichert – damit auch keins der zentnerschweren Kätzchen hinüber ins Publikum springt.

Der Gitterlaufgang mündete in den Zentralkäfig, hatte aber dort eine Tür. Die zweite Tür des Zentralkäfigs stand offen, denn der Dompteur – sicherlich Blittis Vater, Herr Polakow – war noch nicht da.

Dafür war ein anderer da. Aber sein Anblick gereichte wenig zur Freude.

Schiefnase Hibler stand neben dem Gitterlaufgang, hatte die Hände bis zu den Ellbogen in die Hosentaschen versenkt, suckelte an einer Zigarre und beobachtete grinsend, wie Tom und Oskar in den Zentralkäfig marschierten.

Das heißt: Tom besann sich im letzten Moment. Offenbar fiel ihm ein, dass hier gleich eine Raubtiernummer geprobt werden sollte – und nicht die harmlose Pudeldressur oder der Schimpansensalto auf trabendem Pferd.

Tom ließ die Leine los und verharrte diesseits der Schwelle, während Oskar in den Zentralkäfig rannte.

Der strenge Raubtiergeruch – ihn schien das zu reizen. Schnuppernd untersuchte er das erste Postament, wie die stabil gebauten Hocker heißen, auf denen die Raubtiere während der Vorführung sitzen.

Dann lief er zum nächsten.

Rasend schnell ging jetzt alles, obwohl Tarzan hinterher das Empfinden hatte, es wären zwei, drei Ewigkeiten gewesen.

Vor dem Zelt klirrte Metall.

»Gitter schließen!«, rief eine Männerstimme. »Die Tiger kommen!«

Schiefnase Hibler zog eine Hand aus der Tasche und griff nach der Kette, die – irgendwo befestigt und mit bestimmter Funktion – am Gitterlaufgang hing.

Gaby stieß einen keuchenden Laut aus – mehr brachte sie in ihrer Angst nicht hervor.

Tarzan dachte: Jetzt kommt’s auf Sekunden an! Mehr dachte er nicht. Denn hier konnte nur eins helfen: Handeln! Er flog los, wie von der Sehne geschnellt.

Er sah, wie Hibler die Tür des Zentralkäfigs zustoßen wollte, war aber schneller, prallte gegen den Kerl, dass der zur Seite taumelte, hechtete durch die Tür und rutschte beinahe aus im Sägemehl der Manege.

Wütend brüllte ein Tiger – oder war es ein Löwe? »Oskar!«

Ausgerechnet jetzt trieb sich das leichtsinnige Schlappohr auf der anderen Seite des Zentralkäfigs herum.

Tarzan sprintete an den Postamenten vorbei, trat auf Oskars Leine, bückte sich, packte den Hund und machte kehrt.



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