Airport-Klinik by Heinz G. Konsalik

Airport-Klinik by Heinz G. Konsalik

Autor:Heinz G. Konsalik [Konsalik, Heinz G.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2010-09-28T04:00:00+00:00


Karl Roser hörte den Fernseher bereits auf dem Treppenabsatz und wußte, was ihn erwartete: Seine Frau Pia würde auf der Couch liegen, leidend, das Bier neben sich, und in die Glotze starren. Nach Hause kommen? – Auch das war nicht mehr einfach. Nichts mehr war einfach. Aber das Elend würde bald ein Ende nehmen …

Er steckte den Wohnungsschlüssel ins Schloß.

Wieder einmal hatte er recht gehabt: Sie lag auf der Couch, eine halbe Flasche Bier vor sich, und aus dem Fernseher strahlte ihm Peter Alexander entgegen. Noch schlimmer: Sie trug noch ihren Morgenmantel! Als er eintrat, richtete sie sich halb auf: »Tat so schlimm weh heute, Karl. Konnte mich kaum bewegen. Mein Kreuz bricht mir noch richtig ab … Wie ist das? Haste was zum Essen mitgebracht?«

Er schüttelte den Kopf. Sie schaltete den Ton ab, denn Peter Alexander sang jetzt.

»Ich war bei Werner. Im Krankenhaus.«

»Ach Gott! Mein armer Kleiner …« Ihre Stimme sackte ab, gleich würde sie quengeln, dann womöglich flennen. »Und? Wie sieht's denn heute aus?«

»Wie immer.«

»Warum sind wir nur so gestraft, Karl? Weißt du das? Zuerst haben sie ihm die Brust kaputt gemacht«, sie schluchzte, »und jetzt auch noch die Nieren … Das hat uns noch gefehlt. Der arme Kleine …«

Der ›arme Kleine‹? Karl Roser betrachtete den Mann im Fernseher, Strahleaugen, ein weit aufgerissener Mund – und er dachte an das weiße, abgemagerte Gesicht seines Sohnes, an die Schläuche, durch die sie den versagenden Nieren die vorübergehend rettende Flüssigkeit zuführten, die sie retten sollte … Und nun das Gesicht seiner Frau, alt, aufgedunsen, verlebt. Und zu allem sah er über ihrem Kopf noch das Hochzeitsbild hängen: Er in der Uniform eines Luftwaffen-Feldwebels, sie im weißen Kleid. Pia war hübsch gewesen, bei Gott! Blond und schlank, ein bißchen faul damals schon, aber sie hatten so viel gelacht …

Sein Mund war ganz trocken. Wieviel kriegst du noch ab? dachte er. Und: Das Leben, warum läuft es immer bergab, schneller und schneller? Wenn du jetzt nichts unternimmst, geht alles sowieso in die Binsen …

»Da drüben liegt die Post, Karl. Ich hab sie gar nicht aufgemacht.«

Er nickte und lächelte schief: »Brauchst du auch nicht. Sind ja nur Rechnungen und Mahnungen.«

»Da ist noch 'n Mettbrötchen. Wülste das?«

Er schüttelte den Kopf.

»Bier ist keines mehr im Eisschrank. Brauchst gar nicht zu kucken.«

»Ich mach mir einen Tee und geh damit in die Werkstatt …«

Die Werkstatt befand sich einen Stock tiefer, im Anbau. Der Anbau ragte in den Hinterhof, in dem ein kümmerlicher Kirschbaum wuchs.

Karl Roser hatte den Tee in eine Thermosflasche gefüllt. Er hielt sie in der linken Hand, während er den Schlüssel zog und einen kurzen Blick auf das Schild warf, das er vor Jahren, nach seinem Ausscheiden aus dem Bund an die Tür montieren ließ:

KARL ROSER – ELEKTRISCHE SYSTEME UND MESSTECHNIK.

Das Schild war aus Messing, und da er es immer wieder polierte, glänzte es wie neu. Aber wer las es schon? Damals vor zehn Jahren, als er die Airport-Aufträge übernommen hatte, mußte er alle andere Kundschaft ablehnen. Dann hatten sie ihn abserviert – und nun, nun kam kein Schwein.



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