Adam Smith für Jedermann - Pionier der modernen Ökonomie by Richard Sturn Heinz D. Kurz

Autor:Richard Sturn Heinz D. Kurz [Heinz D. Kurz, Richard Sturn]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Frankfurter Allgemeine Buch
veröffentlicht: 2015-09-25T00:00:00+00:00

7 WACHSENDE PRODUKTIVITÄT UND VERTEILUNG DES PRODUKTS

Die Springfeder wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklung, das Treibrad des Zivilisationsprozesses ist Smith zufolge die Arbeitsteilung. Ihr wendet er sich gleich eingangs seiner Untersuchung zu.

Arbeitsteilung und Produktivitätswachstum

Neu an Smiths Behandlung der Arbeitsteilung und ihrer Effekte ist zweierlei: zum einen die ganz außerordentliche Bedeutung, die er der Arbeitsteilung sowohl als Ursache als auch als Folge der Entwicklung beimisst; zum anderen ihre forschungsstrategische Erhöhung zum natürlichen Ausgangspunkt und Fundament seiner Gesellschaftstheorie und Geschichtserklärung.

Die gesellschaftliche Teilung der Arbeit ist die Keimzelle des wirtschaftlichen Wachstums, des technischen Fortschritts und des strukturellen Wandels. Sie revolutioniert mit der Arbeits- und Güterwelt auch die Welt der Kultur, der Politik und der internationalen Beziehungen. Sie verändert das Bewusstsein der Menschen, die Ziele die sie sich setzen und ihre sozialen Beziehungen. Sie führt sie aus einer mehr oder weniger dunklen, von Aberglauben überschatteten Vergangenheit in eine mehr oder weniger helle, von Aufklärung und Wissenschaft durchflutete Moderne. Dieser Gang ist nicht ohne Gefahren, wie Smith betont, aber er wird aufgrund unseres „Strebens nach Besserung unserer Lebensumstände, ein Streben, das … uns von Geburt an begleitet und bis zum Tode nicht verlässt“ ( WN II.iii. 28), nolens volens beschritten.

Arbeitsteilung, so Smith, ist zwar nicht die einzige, wohl aber die „bedeutendste“ Quelle der Steigerung der Arbeitsproduktivität. Mit dem berühmten Beispiel einer Stecknadelmanufaktur, in der der Arbeitsprozess in zahlreiche Teilprozesse zerlegt ist – vom Ziehen des Drahtes über dessen Begradigung und Aufteilung in Stücke passender Länge bis hin zur Anspitzung von deren einem Ende und dem Aufsetzen des Kopfes am anderen –, weist er auf die produktivitätssteigernde Wirkung der Arbeitsteilung innerhalb eines Betriebes hin. Die innerbetriebliche Arbeitsteilung ist jedoch vielfach nur eine Vorstufe zur zwischenbetrieblichen, das heißt der Aufspaltung eines Gewerbes oder einer Industrie in eine immer größere Zahl von Branchen und Sparten. Allerdings, betont Smith, sind die verschiedenen Wirtschaftszweige der Arbeitsteilung in sehr unterschiedlicher Weise zugänglich: dem Verarbeitenden Gewerbe am leichtesten, der Landwirtschaft am schwersten. Infolgedessen kann „die Entwicklung der Arbeitsproduktivität in diesem Erwerbszweig nicht immer mit deren Entwicklung in der gewerblichen Produktion Schritt halten“ ( WN I.i. 4). Wir werden uns dieser Aussage zu erinnern haben. (Smith schreibt vor der sogenannten dritten agrikulturellen Revolution und dem Beginn der Industrialisierung der Landwirtschaft, in deren Folge es dort zu gewaltigen Produktivitätsfortschritten kam, von denen Smith nichts ahnen konnte.)

Die Arbeitsteilung führt aus folgenden drei Gründen zu einer steigenden Arbeitsproduktivität: Es kommt (1) zu Spezialisierungsgewinnen der Arbeiter, (2) zu einer Zeitersparnis, die beim Wechsel von einer Art der Arbeit zur anderen verlorengeht, und (3) zur Erfindung von Maschinen, wodurch die Arbeit erleichtert und verkürzt wird. Der erste Umstand ist in seiner Bedeutung begrenzt, denn Spezialisierungsgewinne sind nur innerhalb gewisser Grenzen möglich. Der zweite Umstand ist von weit größerer Bedeutung, als man auf den ersten Blick sieht. Man spart nicht nur Zeit, sondern Werkzeuge und Maschinen werden besser ausgelastet. In dem Maße, in dem im Zuge der Entwicklung immer mehr dauerhaftes und teures Kapital zum Einsatz kommt, gewinnt das fragliche Moment an Gewicht. Aber für Smith noch wichtiger ist die sich infolge der Arbeitsteilung ergebende Verringerung der Ausbildungskosten der Arbeitskräfte.

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