Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod by James P. D

Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod by James P. D

Autor:James, P. D. [James, P. D.]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi
veröffentlicht: 2011-11-30T23:00:00+00:00


Drittes Buch

16.-18. Dezember

London, Dorset, Midlands,

Dorset

1

Dalgliesh und Kate fuhren noch vor sechs Uhr morgens aus Stoke Cheverell ab. Ihr zeitiger Aufbruch lag nicht allein darin begründet, dass Dalgliesh es hasste, im morgendlichen Verkehrsgewühl stecken zu bleiben, er benötigte auch die dadurch gewonnene Zeit in London. Er musste Unterlagen, an denen er gearbeitet hatte, im Yard abgeben, ein vertraulicher Berichtsentwurf, den er kommentieren sollte, musste abgeholt werden, und er musste seiner Sekretärin eine Notiz auf dem Schreibtisch hinterlassen. Nachdem er alles erledigt hatte, fuhren er und Kate schweigend durch die beinahe leeren Straßen.

Dalgliesh empfand die frühen Sonntagmorgenstunden in der City als besonders reizvoll. Das ging vielen Menschen so. Fünf Wochentage lang pulsiert die Luft, und die Stadt ist so energiegeladen, dass man glauben könnte, ihr großer Reichtum würde in einem unterirdischen Maschinenraum unter Schweiß und Anstrengung physisch erarbeitet. Freitagnachmittag hören die Räder langsam auf, sich zu drehen, und man sieht die Arbeiter aus der City zu Tausenden über die Themsebrücken zu ihren Bahnhöfen schwärmen. Dieser Massenexodus ist jedoch weniger eine Angelegenheit des Willens als vielmehr der Unterwerfung unter einen jahrhundertealten Zwang. Weit entfernt davon, sich noch einmal schlafen zu legen, harrt die City am frühen Sonntagmorgen still und gespannt auf den Besuch einer Geisterarmee, von den Glocken herbeigerufen, um alte Götter in ihren sorgsam bewahrten Schreinen zu verehren und durch stille, erinnerte Straßen zu gehen. Selbst der Fluss scheint langsamer zu fließen.

Wenige hundert Meter von der Absolution Alley entfernt fanden sie einen Parkplatz. Dalgliesh warf rasch noch einen Blick auf den Stadtplan und nahm seinen Spurensicherungskoffer aus dem Auto, bevor sie sich in östlicher Richtung aufmachten. Den engen, gepflasterten Eingang unter einem Steinbogen, der für so eine schmale Öffnung über die Maßen verziert war, hätte man leicht übersehen können. Die zwei Wandlampen, die den kleinen befestigten Vorplatz erleuchteten, erzeugten allenfalls Dickenssche Düsternis. In der Mitte des Vorplatzes stützte ein Sockel eine altersschwache Statue, die ursprünglich vielleicht eine religiöse Bedeutung gehabt haben mochte, mittlerweile jedoch zu einem formlosen Steingebilde verwittert war. Das Haus mit der Nummer acht lag auf der östlichen Seite. Die Tür war in einem so dunklen Grün gestrichen, dass sie beinahe schwarz wirkte. Ein eiserner Türklopfer in Gestalt einer Eule war daran befestigt. Neben Hausnummer acht befand sich ein Laden, in dem es alte Drucke zu kaufen gab; der hölzerne Verkaufsständer vor der Tür war leer. Ein zweites Gebäude beherbergte offenbar eine exklusive Stellenvermittlung, doch welche Zielgruppe hier angeworben werden sollte, war nicht erkennbar. An anderen Türen befanden sich kleine polierte Schildchen mit unbekannten Namen. Es herrschte völlige Stille.

Die Tür war mit zwei Sicherheitsschlössern ausgerüstet, aber sie fanden problemlos die richtigen Schlüssel an Miss Gradwyns Bund, und die Tür ließ sich leicht öffnen. Dalgliesh tastete nach dem Lichtschalter. Sie betraten einen eichengetäfelten kleinen Vorraum. Auf der verschnörkelten Stuckdecke stand die Jahreszahl 1684. Ein Pfostenfenster an der hinteren Seite gab den Blick auf eine geflieste Terrasse frei, auf der außer dem kahlen Baum in dem gigantischen Terrakottatopf, der dort stand, kaum noch etwas Platz hatte. Auf der rechten Seite befand sich eine Reihe Kleiderhaken, darunter ein Schuhregal, auf der linken ein rechteckiger Eichentisch.



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