Ach, zur Hölle mit all den Mr. Greys by Evanne Frost
Autor:Evanne Frost [Frost, Evanne]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: at Bookshouse Ltd.
veröffentlicht: 2015-04-15T22:00:00+00:00
Kapitel 5
Jacht La Corazón, 23. Juni 2015
Irgendwann in den frühen Morgenstunden war Lexy eingeschlafen, sie erinnerte sich, dass sie durch das Bullauge noch in den sich langsam grau färbenden Himmel gestarrt hatte. Ihr Kopf war leer, genau wie die Bettseite neben ihr. Nat war nicht in dem Taxi mit Jaylen und ihr zum Hafen zurückgefahren und auch später nicht in die Kajüte gekommen.
Auch nachdem sie mehrere Minuten wach im Bett lag, wollten sich keine Antworten auf ihre zahlreichen Fragen finden, ebenso wenig wie in der nicht enden wollenden Nacht. Stand ihre langjährige Freundschaft zu Nat auf dem Spiel? Wie sollte sie sich Jaylen gegenüber verhalten? Wie sollte sie Nat und Steven begegnen? Warum, zur Hölle, musste sie überhaupt in einem solchen Dilemma stecken! Was empfand sie für Jaylen? Wie ernst waren die Berührungen, Gesten und Worte des gestrigen Abends zu werten? Was empfand sie tatsächlich unter der dicken Schicht aus Verdrängung zu ihrem Selbstschutz, aus Lügen und Verwirrspiel, in das sie sich viel zu sehr hineingesteigert hatte? All das legte sich wie ein undurchdringlicher Film aus Sonnenschutzlasur über ihren gesamten Körper, um und in ihren Kopf, und Lexy fühlte sich außerstande, sich von all dem Ballast zu befreien.
Müde wie eine steinalte Frau bewegte sie die Beine aus dem Bett und schleifte sich in das Badezimmer. Sie duschte und stellte den Regler immer kälter, doch die Junihitze verhinderte, dass tatsächlich kaltes Wasser über ihre Haut floss und ihr half, ihre Gedanken zu klären.
Nachdem sie sich angezogen hatte, warf sie einen Blick auf die Uhr. Es war kurz nach zehn, sie konnte nicht allzu lange geschlafen haben und hätte vermutet, dass es schon nach Mittag war. Zögerlich ging sie zur Kajütentür und blieb davor stehen. Sie hörte keinerlei Geräusche an Bord. Ob alle anderen noch schliefen? Oder war sie tatsächlich allein, fast allein, und die Gruppe noch gar nicht zurückgekehrt?
Am liebsten wäre Lexy zurück in das Bett gekrochen und hätte sich das Kissen über den Kopf gezogen, die Welt um sich herum einfach ausgesperrt. Hätte sie sich nur nicht …
All das Jammern hilft dir nicht!
Wie wahr. Sie seufzte.
Sie ganz allein hatte sich in diese Situation manövriert, und sie ganz allein musste sehen, wie sie wieder hinauskam. Sie konnte noch so sehr alle Schuld auf Nat schieben, das war ein weiterer Selbstbetrug, denn jeder Mensch war für sein Handeln allein verantwortlich. Sie war kein unerfahrenes kleines Mädchen, stand in keiner Abhängigkeit, die ihr keine andere Wahl gelassen hätte. Der Gedanke fühlte sich an wie das Aufplatzen eines ersten, engen Eisenringes, der ihren Brustkorb eingeschnürt hatte.
Lexy öffnete die Tür und durchquerte den Wohnraum mit der Bordküche. Heute roch es nicht nach frischem Brot oder Kaffee, die Arbeitsflächen waren blitzsauber, nicht einmal ein Krümelchen deutete darauf hin, dass sich jemand ein Frühstück zubereitet haben könnte. Doch sie hatte sowieso keinen Hunger, im Gegenteil. Der Gedanke an Essen verursachte ihr Übelkeit.
Sie stieg die Stufen zum Deck hinauf und sah sich um. Die Jacht dümpelte in seichten Wellen, verursacht durch ein Segelboot, das rechts von ihnen gerade auf den Steg zwei Liegeplätze weiter zusteuerte.
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