Abgrund: Thriller (Kommissar Huldar und Psychologin Freyja 4) (German Edition) by Sigurdardóttir Yrsa

Autor:Sigurdardóttir, Yrsa [Sigurdardóttir, Yrsa]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: btb Verlag
veröffentlicht: 2020-04-26T16:00:00+00:00

19. KAPITEL

Diðrik hatte Freyja nicht zum Essen eingeladen, als sie ihm am Telefon von ihrem Gespräch mit Siggis Großmutter berichtet hatte. Er hatte ihr auch nicht vorgeschlagen, ein Bier trinken zu gehen, oder sonst wie durchblicken lassen, dass ihr Interesse an ihm auf Gegenseitigkeit beruhte. Das war enttäuschend, aber kein Weltuntergang. Vielleicht gar nicht schlecht, weil sie wegen Saga heute Abend und auch an den nächsten Abenden sowieso nicht mit ihm hätte ausgehen können. Baldur hatte Fanney, Sagas Mutter, überredet, die Kleine noch etwas länger bei ihm zu lassen, deshalb musste Freyja auf sie aufpassen, wenn er sich in der Einrichtung zurückmeldete. Er musste zwischen sechs und sieben Uhr zum Abendessen erscheinen und über Nacht dortbleiben. Saga passte nicht richtig in Freyjas Vorstellung von einem romantischen Abend mit einem leidenschaftlichen Verehrer.

Die Kleine schien Freyjas Gedanken lesen zu können, während sie wieder einmal in einem Restaurant in einem Hochstuhl neben ihr saß. Sie schaute finster drein und matschte weiter mit dem Finger in einem Ketchup-Schälchen herum. Das Kind war extrem wählerisch beim Essen, deshalb hatte Freyja zum wiederholten Mal entschieden, mit ihr essen zu gehen. Sonst würde Saga ihr Essen zu Hause vom Tisch schieben, unter dem Mollý schon mit weit aufgesperrtem Maul lauerte. Diesmal hatte Freyja einen Burger-Laden ausgewählt, entgegen dem ausdrücklichen Wunsch der Mutter, das Kind dürfe nur Bioprodukte und am besten keinen Zucker essen. Manchmal musste man Regeln ein bisschen ausweiten. Solange Saga kaum sprechen konnte, würde das nie rauskommen. Die Chance, dass ihre Mutter diesen Schuppen betrat, war genauso groß, wie dass Freyja Verteidigerin bei der isländischen Fußball-Nationalmannschaft wurde.

Das Lokal hatte null Charme. Es gab eine Spielecke mit einer großen Kunststoffrutsche und einem Bällebad in der Größe einer Badewanne. Die wenigen anwesenden Kinder interessierten sich nicht für diese Attraktionen, sondern saßen bei den Erwachsenen und starrten dumpf auf das Plastikspielzeug, das man zu den Kindergerichten geschenkt bekam.

Saga leckte sich Ketchup vom Finger und steckte ihn dann sofort wieder in das Schälchen. »Jetzt iss mal weiter.« Freyja nahm ein undefinierbares viereckiges Ding vom Teller, das angeblich ein Stück Hühnchen sein sollte, und hielt es Saga vor den Mund. Sie drehte den Kopf weg.

»Versuch mal, es in Ketchup zu tunken. Das könnte funktionieren.«

Freyja schaute auf. Neben ihr stand kein anderer als Huldar. Er hielt ein Tablett mit demselben Junk-Food in der Hand, das noch verpackt vor Freyja stand: Hamburger, Fritten und Cola.

»Darf ich mich zu euch setzen?«

Das konnte sie schlecht ablehnen. Huldar quetschte sich in das Tischabteil dicht neben sie, obwohl eigentlich genug Platz war. Sie spürte seinen Oberschenkel und musste zugeben, dass die Wärme, die er ausstrahlte, gar nicht so unangenehm war. Er war viel besser drauf als in der Notunterkunft, aber jetzt war ja auch kein Diðrik in der Nähe. Die Fröhlichkeit stand ihm gut.

»Wie läuft’s mit der Suche nach Siggis Mutter?«, fragte Freyja und tunkte das Hühnchen testhalber in das Ketchup. Saga fiel auf den Trick herein, biss die Hälfte ab, kaute und schluckte. »Seid ihr weitergekommen?«

»Puh.« Huldar wickelte seinen Hamburger aus dem Papier. »Aber das bleibt unter uns, ja?«

»Klar, das weißt du doch.

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