Abgründe by Sednik Roland

Abgründe by Sednik Roland

Autor:Sednik, Roland [Sednik, Roland]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-944257-59-4
Herausgeber: Hallenberger Media UG (haftungsbeschränkt), Schardt Verlag e.K.
veröffentlicht: 2015-01-12T16:00:00+00:00


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Als Andrea gegen vier Uhr morgens in Giuseppes Wohnung kam, war Franco schon auf und machte sich gerade einen Kaffee. Er ging zu ihm in die Küche und schloss vorsichtig und geräuschlos die Tür hinter sich.

„Buon giorno, Commissario!“ begrüßte Franco Andrea und sah dabei verwundert auf seine Armbanduhr. Andrea verzog genervt das Gesicht, legte den Zeigefinger an seine Lippen und gab Franco damit zu verstehen, dass er leise sein sollte. Im Flüsterton unterrichtete er ihn von den Vorfällen der Nacht und schwor ihn gleichzeitig darauf ein, wie ein Bluthund hinter diesem Luca Gratta her zu sein.

„Er ist wahrscheinlich der Schlüssel zu allem, verstehst du, Franco! Du darfst ihn nicht aus den Augen lassen.“

Franco wusste gar nicht, wohin mit dem ganzen Stolz, der ihn fast zu erdrücken schien. Er, der große Franco Ferenci, der als kleiner Streifenpolizist angefangen hatte, observierte nun endlich den Hauptverdächtigen in einem Mordfall und trug wahrscheinlich zu dessen Aufklärung bei. Das konnte niemand mehr toppen. Ja, er war ganz oben! Natürlich gab es da noch die Geheimagenten ihrer Majestät, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Franco lachte innerlich über sich selbst und den Blödsinn, den er sich da erdachte. Er konnte einfach nur stolz sein auf sich, und er würde niemanden enttäuschen. Schon gar nicht seinen Vater, der sicherlich auf ihn herabsah und allen da oben erzählte, was er doch für einen tollen Sohn auf Erden habe.

„Vielleicht finde ich sogar die Figur bei ihm“, überschlug sich Franco beinahe und hatte Mühe, seinen Kaffee zu trinken, ohne alles zu verschütten.

„Die Figur werden wir nicht mehr finden“, meinte Andrea und sah ein wenig betreten zu Boden. „Du kannst dir nicht vorstellen, wie betroffen Francesco reagierte, als wir den Diebstahl bemerkten. Ich würde ihm und dem Dorf gerne die Figur zurückgeben. Vor allem hat sie ja tatsächlich Wunder vollbracht.“

Franco verdrehte seine Augen und grinste dazu spöttisch. „Glaubst du etwa die Geschichte mit dem Korn, das das ganze Jahr über aus dem Boden sprießt? Wenn dem wirklich so wäre, müsste doch Sonogno in der ganzen Welt für dieses Wunder bekannt sein. Und was ist? Kein Mensch außerhalb des Tessins kennt Sonogno. Sonogno wie? Sonogno wo?“ Er trank seinen Kaffee aus und klopfte Andrea kumpelhaft auf die Schulter. „Ich werde jetzt nach Locarno fahren und versuchen, den Fall aufzuklären. Du bleibst hier und schnüffelst zusammen mit deinem Freund Francesco noch ein wenig herum. Vielleicht findest du ja noch etwas heraus, was mir in Locarno helfen könnte.“

Franco schenkte Andrea ein weltmännisches Lächeln und ging dann zur Tür.

„Ich glaube, du hast noch etwas vergessen“, sagte Andrea und zog die Wagenschlüssel aus seiner Hosentasche hervor.

Franco schlug sich mit der Hand vor die Stirn und grinste seinen Kollegen verlegen an. Er machte einen Schritt auf Andrea zu und wollte nach den Schlüsseln greifen, als dieser seine Hand um den Schlüssel schloss und Franco mit versteinerter Miene ansah.

„Ich möchte dich darauf aufmerksam machen, dass der Wagen, mit dem du nach Locarno zurückfährst, mein Eigentum ist.“ Eine ungewohnte Kälte stach aus seinen Augen. „Er gehört nicht der Questura und ist somit pfleglich zu behandeln.



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