45 - Das fahle Pferd by Agatha Christie

45 - Das fahle Pferd by Agatha Christie

Autor:Agatha Christie [Christie, Agatha]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-04-02T21:09:52+00:00


23

Drei Tage später rief Ginger mich an.

»Ich habe etwas für Sie – einen Namen und eine Adresse. Schreiben Sie beides auf.«

Ich nahm Notizblock und Bleistift zur Hand.

»Ja – Sie können beginnen.«

»Der Name ist Bradley und die Adresse Municipal Square Buildings achtundsiebzig, Birmingham.«

»Zum Kuckuck, was soll das nun wieder?«

»Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Und ich glaube, selbst Poppy weiß es nicht genau«, gab Ginger zurück.

»Poppy? Stammt die Adresse aus dieser Quelle?«

»Ja. Ich habe mich gehörig an Poppy herangemacht. Habe ich Ihnen nicht gesagt, ich würde alles aus ihr herausbringen? Als sie einmal ihre anfänglichen Hemmungen überwunden hatte, ging es ganz leicht.«

»Wie haben Sie das denn angestellt?«, fragte ich neugierig.

Ginger lachte.

»Ach, das sind Dinge, die Sie nie verstehen werden. Wenn zwei Mädchen zusammen schwatzen, plappert die eine dies, die andere das – und keine hält es für wichtig. Bei Poppy jedenfalls wirkte diese Methode.«

»Also sozusagen Geheimbündelei.«

»Sie könnten es so ausdrücken. Nun, wir aßen zusammen und ich erzählte ihr einiges aus meinem Liebesleben und die verschiedenen Schwierigkeiten, die sich da auftürmten… verheirateter Mann mit einer ganz unmöglichen Frau, Katholikin, die nicht in die Scheidung einwilligt und ihm das Leben zur Hölle macht. Und dass sie invalid ist, ständig Schmerzen hat, aber noch jahrelang leben kann, dabei wäre es so viel besser, auch für sie selbst, wenn sie sterben könnte. Dann sagte ich, ich hätte etwas von dem ›Fahlen Pferd‹ gehört und möchte es gern dort versuchen, aber ich wüsste nicht recht, wie. Ob es wohl sehr teuer wäre? Poppy gab ganz harmlos zur Antwort, sie wüsste bestimmt, dass diese Leute sehr viel Geld verlangten – unglaubliche Summen. Darauf meinte ich zögernd, ich hätte wohl eine größere Erbschaft zu erwarten… was sogar stimmt, aber ich wünsche meinem guten Onkel noch ein recht langes Leben! Ob wohl die Leute mit einer Vorschusszahlung einverstanden wären? Aber das Allerschwierigste sei doch, den Kontakt herzustellen – wie man das nur machen könnte? Daraufhin plapperte Poppy diesen Namen aus. Dorthin müsse ich mich zuerst wenden, um den geschäftlichen Teil zu regeln.«

»Das ist ja fantastisch!«, rief ich aus.

»Nicht wahr?«

Einen Augenblick schwiegen wir. Dann fragte ich erstaunt: »Das hat sie Ihnen so schlankweg erzählt – ohne Hemmungen und ohne jede Angst?«

»Sie verstehen immer noch nicht«, erklärte Ginger ungeduldig. »Für sie war das, was sie mir erzählte, einfach ein Nichts – viel zu unbedeutend, um darüber auch nur eine Sekunde nachzudenken. Und schließlich dürfen wir nicht vergessen, Mark, dass auch dieses Geschäft Reklame braucht. Die Leute müssen doch immer wieder neue ›Kunden‹ finden.«

»Ginger, das Ganze ist einfach Irrsinn – wir sind verrückt, daran zu glauben!«

»Schön, bleiben wir verrückt. Fahren Sie nach Birmingham, um diesen Mr Bradley aufzusuchen?«

»Ja, ich werde zu ihm gehen… wenn er überhaupt existiert.«

Das bezweifelte ich sehr stark. Aber ich irrte mich. Mr Bradley existierte tatsächlich.

Municipal Square Buildings erwies sich als ein riesiges Bienenhaus mit lauter Büros. Die Nummer 87 befand sich im dritten Stock. Über der Milchglastür stand in großen Lettern: »C. R. Bradley, Agentur.« Und darunter, in kleineren Buchstaben: »Bitte eintreten.«

Das kleine Empfangszimmer war leer, doch eine Tür stand halb offen und von dort erklang eine Stimme: »Bitte treten Sie doch näher.



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