35 by Tote Herzen

35 by Tote Herzen

Autor:Tote Herzen [Herzen, Tote]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-07-01T08:58:37+00:00


Lilith versuchte, die brennenden Schmerzen, die vornehmlich von ihrer linken Hand ausstrahlten, zu ignorieren, um sich ganz dem in Bedrängnis geratenen »Auge« zu widmen.

Gleichzeitig spürte sie ein Schwinden nicht nur ihrer Konzentrationsfähigkeit, sondern auch der eigenen Körperkräfte.

Ihre Beunruhigung nahm zu. Noch mehr, als sie erkennen mußte, daß sich der Greifvogel noch längst nicht mit dem Verlust seiner Beute abgefunden hatte.

Mit erstaunlicher Rasanz überbrückte der Uhu die Distanz zum Scout. Zum erstenmal kam Lilith der Gedanke, es mit keinem normalen Tier zu tun zu haben.

War es die Tarngestalt eines Vampirs? In Ausnahmefällen hatten sich ihre Feinde auch schon anderer Tierarten bedient, nicht ausschließlich der »klassischen« …

Lilith mußte sich blitzschnell entscheiden, ob sie die Gefahr einer weiteren Schwächung in Kauf nehmen – oder den vermutlich ratsamen Rückzug befehlen wollte.

Sie entschied sich für die Vernunft.

Müde lag sie auf ihrem Bett und erwartete die Rückkehr ihres Sendboten.

*

Unter normalen Umständen wäre der Hase Laila hakenschlagend entkommen. Doch der Schnee lag hoch und verschaffte ihr Vorteile, obwohl sie sich schwach und elend fühlte und inzwischen wußte, daß nur eine Nahrung den zunehmenden Kräfteverschleiß nachhaltig beheben konnte: beseeltes, menschliches Blut.

Da sie aber die Verfolgung durch die verängstigte Dorfbevölkerung fürchtete, nahm sie seit Wochen Vorlieb mit dem, was der Gabentisch der Natur bereithielt. Ungleich kompromißloser als in dem Leben, das sie hinter sich gelassen hatte, zählte hier das Gesetz des Stärkeren.

Die letzte Distanz überwand Laila mit einem hechtenden Sprung.

Mit ausgestreckten Armen erreichte sie den schrill quiekenden Hasen. Ihre Fingernägel fanden tödlichen Halt im spröden Fell und rissen die strampelnde, ganz und gar nicht wehrlose Beute auf die hungrig geöffneten Kiefer zu.

Ein halbes Dutzend Kratzer war die Quittung, die Laila akzeptierte, ehe sie mit entmenschtem Röcheln zubiß und sich den warmen Strom in ihren Rachen rinnen ließ. Sie trank wie eine Verdurstende.

Blut rann ihr über das Kinn und die nackten Brüste und stanzte kleine rote Löcher in den Schnee. Als der Fluß nachließ, begann sie mit aufgesetzten Lippen zu saugen. Sie drehte sich auf den Rücken und hielt das tote Tier über sich, damit auch wirklich alles Blut zu ihr gelangte.

Aaaaaaaahhh …

Eine Köstlichkeit war es nicht. Wie üblich wirkte es auch nur gering vitalisierend, aber immerhin verschaffte es der stetig zunehmenden inneren Unruhe eine kleine Pause. Verächtlich schleuderte Laila den bereits steif und kalt gewordenen Kadaver ins Unterholz des Waldes. Die Dunkelheit tastete bereits zwischen den knorrigen Stämmen entlang, um die Dämmerung abzulösen.

Bei Tag wagte sich Laila kaum noch aus ihrem Unterschlupf, den sie sich aus Ästen und bei der Explosion von der Bergnadel herabgeschleuderten Trümmern unterhalb der ehemaligen Burgfeste errichtet hatte. Das Tageslicht, auch wenn es nur gedämpft durch tiefhängende Schneewolken drang, verursachte ihr mehr und mehr Übelkeit.



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