22 - Mit offenen Karten by Agatha Christie

22 - Mit offenen Karten by Agatha Christie

Autor:Agatha Christie [Christie, Agatha]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-04-02T19:45:41+00:00


16

Sergeant O’Connor war bei seinen Kameraden in Scotland Yard unter dem boshaften Spitznamen «das Gebet des Dienstmädchens» bekannt.

Er war zweifellos ein bildschöner Kerl. Groß, aufrecht, breitschultrig, aber es war weniger die Regelmäßigkeit seiner Züge als der kecke, draufgängerische Funke in seinen Augen, der ihn dem schönen Geschlecht so unwiderstehlich machte. Es war unleugbar, dass Sergeant O’Connor Erfolge erzielte, und zwar rasch.

So rasch, dass er nur vier Tage nach dem Mord an Mr Shaitana auf den Dreieinhalb-Shilling-Plätzen bei der Willy-Nilly-Revue Seite an Seite mit Miss Elsie Batt, früherem Stubenmädchen bei Mrs Craddock von 117 North Audley Street, saß.

Nachdem er seinen Schlachtplan sorgfältig entworfen hatte, ging Sergeant O’Connor nun zum Hauptangriff über.

«Das erinnert mich daran», sagte er, «wie einer meiner früheren Herren sich immer aufführte, Craddock hieß er – komischer alter Kauz.»

«Craddock?», sagte Elsie. «Ich war einmal bei irgendwelchen Craddocks.»

«Das wäre aber komisch, wenn es dieselben wären?»

«Sie haben in der North Audley Street gewohnt», sagte Elsie.

«Die Meinigen sind nach London übergesiedelt, als ich von ihnen weggegangen bin», sagte Sergeant O’Connor prompt.

«Ja, ich glaube, es war in die North Audley Street. Mrs Craddock hatte es auf die Männer abgesehen.»

Elsie warf den Kopf zurück.

«Ich hatte keine Geduld mit ihr. Sie hat immer gebrummt und genörgelt. Man konnte ihr nichts recht machen.»

«Ihr Mann hat auch sein Teil davon abbekommen, nicht wahr?»

«Die hat sich immer beklagt, dass er sie vernachlässigt – dass er sie nicht versteht. Und sie hat immer geächzt und gestöhnt und geklagt, wie krank sie sei. Wenn Sie mich fragen, so war sie überhaupt nicht krank.»

O’Connor schlug sich aufs Knie.

«Ich hab’s! War nicht etwas mit ihr und irgendeinem Doktor? Hat sie es da nicht ein bisschen zu toll getrieben?»

«Sie meinen Dr. Roberts? Das war ein sehr netter, feiner Herr, das muss man sagen.»

«Ihr Frauenzimmer seid alle gleich. Kaum ist einer ein schlechter Kerl, so nehmt ihr ihn alle in Schutz. Ich kenne diese Sorte Männer.»

«Nein, da sind Sie auf dem Holzweg. Er war ganz und gar nicht so. Es war doch nicht seine Schuld, wenn Mrs Craddock ihn fortwährend kommen ließ? Was kann ein Doktor da tun? Wenn Sie mich fragen, so hat er sich überhaupt nichts aus ihr gemacht, außer als Patientin. Es war alles ihre Schuld. Sie wollte und wollte ihn nicht in Ruhe lassen.»

«Das ist ja alles gut und schön, Elsie. Ich darf Sie doch Elsie nennen, nicht wahr? Ich habe das Gefühl, als hätte ich Sie mein Leben lang gekannt.»

«Das stimmt aber nicht! Elsie! Was denn noch alles?»

Sie warf den Kopf zurück.

«Also gut, Miss Batt.» Er warf ihr einen Blick zu. «Also, wie gesagt, das ist alles schön und gut, aber der Herr Gemahl ist doch wild geworden, oder nicht?»

«Einmal war er schon etwas gereizt», gab Elsie zu. «Aber wenn Sie mich fragen, so war er damals schon krank. Er ist bald danach gestorben, wissen Sie.»

«Ich erinnere mich – ist er nicht an irgendetwas Ausgefallenem gestorben?»

«Es war etwas Japanisches – alles von einem neuen Rasierpinsel, den er sich gekauft hatte. Schrecklich, nicht, dass man solches Zeug verkauft! Ich kann seitdem nichts Japanisches mehr leiden.



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