1933 war ein schlimmes Jahr by Fante John
Autor:Fante, John
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Aufbau Digital
veröffentlicht: 2016-11-15T00:00:00+00:00
Viertes Kapitel
Ich ging durch die College Avenue heimwärts. Nach zwei Blocks lief ich Kenny in die Arme, der aus dem Kino zurückkam.
»Hallo, Casanova!«
»Was ist, du Witzbold?«
»Du hast etwas verpasst. Beide Filme waren toll. Ginger Rogers â was für ein Körper!«
»Ich muss dir etwas erzählen über mich und deine Schwester.«
Ken grinste. »Sag bloÃ, du hast sie rumgekriegt.«
»Ich habe sie nur geküsst, das ist alles.«
»Warâs so schlimm? Du siehst aus wie einer, der vor dem Arm des Gesetzes flieht.«
»Mir hatâs gefallen. Ihr nicht.«
»Sie ist zu alt für dich. Nicht dein Typ.«
»Was wäre denn mein Typ, du KlugscheiÃer?«
»Die Richtige wird sich schon finden, wenn du erst mal berühmt bist. Irgendein Mädchen am Wegesrand. Ein Filmstar wie Ginger Rogers vielleicht, das ist jetzt noch nicht von Bedeutung. Du musst an Den Arm denken, Dom. Alles andere zählt nicht. Nur an Den Arm.«
»Der Arm macht sich keine Sorgen«, sagte ich und streckte ihn vor. »Der Arm weiÃ, woâs langgeht.«
»Weià er auch, dass Frauen und Bällewerfen nicht zusammenpassen?«
»Er ist sich da nicht so sicher.«
»Hat Er Sehnsucht nach einer bestimmten tropischen Kulisse an der Küste Kaliforniens, die Privatbesitz eines Kaugummimagnaten ist?«
»Der Arm ist sich der Tatsache bewusst, dass es diesen Ort gibt.«
»Frag ihn, wann wir losfahren.«
»Ziemlich bald.«
»Die Zeit wird knapp. Lass uns gehen.«
Rotwangig und voller Zuversicht stand Ken im Licht der Laterne, warm wie ein Biber eingehüllt in seinen neuen Mantel, die FüÃe bestens vor dem Schnee geschützt durch schwere Galoschen. Er war frei. Er konnte gehen, wohin er wollte.
»Du nimmst den Mund ziemlich voll«, sagte ich. »Du bist nicht etwa zufällig der Sohn von Joe Parrish, dem reichsten Mann der Stadt?«
»Ach, ScheiÃe! Jetzt fängst du wieder damit an. Wegen fünfzig Kröten. Die kannst du doch auftreiben, wenn duâs wirklich versuchst.«
»Wie?«
»Dein alter Herr.«
»Der hat kein Geld.«
»Kann er sich nicht welches leihen?«
»Das würde er niemals tun.«
»Wieso weiÃt du das?«
»Ich weià es einfach.«
Ken lächelte schwach. »WeiÃt du, was ich glaube, Spaghetti? Dass du ein Feigling bist.«
Ich wollte ihm eine runterhauen. Aber wie er so lächelnd vor mir stand, sah ich auf seinem Mund das Lächeln seiner Schwester und in seinen grauen Augen ihren milden Blick. Also spuckte ich ihm nur ins Gesicht. Er rührte sich nicht. Mein Speichel lief ihm langsam über die Nase. Ungerührt wischte er ihn mit dem Rücken seines Handschuhs weg. Dann fragte er mich:
»Fühlst du dich jetzt besser?«
Ich vergrub meine Fäuste in den Taschen des Mackinaw und ging weg, aber nach ein paar Schritten blieb ich stehen. So durfte das alles nicht enden. Ich mochte Ken. Er war mein einziger Freund. Er achtete Den Arm. Manchmal nervte er mich, aber ich nervte ihn manchmal auch, und wir hatten einen gemeinsamen Traum. Das konnte ich nicht alles einfach wegwerfen. Ich sah ihm nach, wie er vornübergebeugt den Hügel hochstapfte.
»Ken!«
Er drehte sich um.
»Tut mir leid.«
»Schon gut, Kumpel.«
»Bist du sauer?«
»Nein.«
»Bis morgen im Elk Club.«
»Sprich mit deinem alten Herrn, Dom. Es ist den Versuch wert.«
»Okay.«
***
In der Keramikfabrik war Zahltag, im Onyx herrschte Hochbetrieb. Am Tresen standen die Gäste in Doppelreihe, in den Nischen saÃen sie zu viert oder zu fünft um die Tische.
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