141 - Griff aus dem Dunkel by Earl Warren

141 - Griff aus dem Dunkel by Earl Warren

Autor:Earl Warren [Warren, Earl]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Vampir Horror Roman
veröffentlicht: 2014-06-29T04:00:00+00:00


Noelle Xavier machte sich für den Abend zurecht. Jean, ihr durchgeistigt wirkender Ehemann, betrachtete sie besorgt und mißbilligend. Er saß vor dem Fernseher, ein Glas Pernod in der Hand.

„Wer ist es denn diesmal, den du bezaubern möchtest?“ fragte er, als sie aus dem Badezimmer kam, in ein tief ausgeschnittenes Abendkleid gehüllt. „Der Däne oder dieser Rivois-Jüngling?“

„Vielleicht beide, Liebling. Wer kann das jetzt schon sagen? Laß mir doch den kleinen Spaß. Ein harmloser Flirt ist schließlich kein Seitensprung.“

„Du könntest manchmal ruhig etwas dezenter sein und mehr Rücksicht auf meine Gefühle nehmen. Aber dir macht es anscheinend Freude, mich zu demütigen.“

Noelle war eine grazile, etwas zu schlanke Person mit großen Augen und einem geradezu hungrigen Lächeln.

„Nun hab dich nicht so, Jean. Schließlich haben wir bei unserer Hochzeit ausgemacht, daß wir uns gegenseitig kleine Freiheiten lassen wollen. Wenn du sie nicht nutzt, ist das deine Sache. Ich habe nicht das geringste dagegen.“

Jean brummelte etwas Unverständliches. Er bereute schon lange, jemals auf ein solches Arrangement eingegangen zu sein. Er war in letzter Zeit rasend eifersüchtig, aber seine Frau besaß ein riesiges Vermögen und hatte in der Ehe von Anfang an die Hosen angehabt. Er kam nicht gegen sie an.

„Ich gehe schon voraus, Jean“, sagte Noelle und schloß die Tür hinter sich. Sie dachte an den hünenhaften Dänen, der großen Eindruck auf sie gemacht hatte. Er war ein Bär von einem Kerl mit behaartem Brustkorb und Muskeln wie ein Ringer.

Die schlanke Frau verließ den Nebentrakt und ging zu dem Hauptgebäude des Schlosses hinüber.

Die Uhr der kleinen Schloßkapelle schlug zwölfmal.

In vielen Fenstern brannte noch Licht, aus der Bar im Keller klangen Stimmengewirr und gedämpfte Schlagermusik.

Die Menschen hatten die Wilde Jagd anscheinend völlig vergessen. Mit Schaudern dachte Noelle an die Ereignisse in der Nacht zuvor. Doch jetzt war alles ruhig.

Diese Tatsache bewog die Frau, nicht den direkten Weg zur Bar einzuschlagen, sondern den Dänen abzuholen, der im zweiten Stock des angrenzenden Flügels wohnte. Als sie auf die Tür seines Apartments zuging, war ihr plötzlich, als wate sie durch einen dichten Nebel.

Sogar die Beleuchtung veränderte sich. Noelle erreichte die Tür mit knapper Not und klopfte an. Sie schaute über die Schulter zurück. Der Gang hatte sich völlig verändert. Statt eines Teppichbodens gab es nur rohe Holzdielen, und eine blakende Öllampe hing an der Wand.

Auch der Türdrücker war ganz anders geformt.

Plötzlich wurde die Tür geöffnet, angsterfüllt drängte sich Noelle Xavier ins Zimmer. Erschrocken stellte sie fest, daß sie nicht dem blondbärtigen Björn Bergensen gegenüberstand, sondern einer blutjungen schwarzhaarigen Frau. Sie trug einen Rock und eine tief ausgeschnittene rote Bluse, in ihren dunklen Augen brannte ein unergründliches Feuer.

„Ich … ich glaube, ich habe mich im Zimmer geirrt“, stammelte Noelle Xavier.

Die Schwarzhaarige schüttelte den Kopf.

„Du bist hier schon richtig, Kleine. Komm nur herein, mein Sohn wird bald zurück sein.“

Sie lachte wie über einen Scherz, den nur sie verstand.

Noelle Xavier wollte sich mit einer Entschuldigung entfernen, aber die Frau packte sie am Arm und hielt sie zurück. Ihr Griff war überraschend fest.

In ihrem Blick war etwas, das Noelle veranlaßte, ihr willenlos zu folgen.



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