05 - Denn bitter ist der Tod by Elizabeth George

05 - Denn bitter ist der Tod by Elizabeth George

Autor:Elizabeth George
Die sprache: de
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2012-03-16T14:42:58+00:00


11

Lynley war froh, als er Gareth Randolph endlich im Büro der Gehörlosenvereinigung antraf. Er hatte ihn zuerst im Wohnheim des Queen's College gesucht. Dort hatte man ihn an die Sporthalle verwiesen, wo die Boxmannschaft der Universität täglich zwei Stunden trainierte. Aber im kleineren der beiden Säle, in dem es penetrant nach Schweiß, feuchtem Leder, Kreide und Magnesium stank, hatte ein Schwergewichtler von Bulldozerformat ihm den Weg zum Ausgang gezeigt und gesagt, Gareth sitze bei der VGS am Telefon und hoffe auf einen Anruf über die »Kleine«, die umgebracht worden war.

»Sie war sein Mädchen«, erklärte der Schwergewichtler. »Er ist ziemlich fertig.« Und er hieb mit beiden Fäusten wütend auf den Punching-Ball ein, der von der Decke herabhing.

Lynley fragte sich, ob Gareth Randolph in seiner Gewichtsklasse ein ebenso schlagkräftiger Boxer war. Er konnte gar nicht umhin, das, was Anthony Weaver ihm über den jungen Mann gesagt hatte, mit Barbara Havers' Bericht von der Polizei Cambridge zu verknüpfen: Man hatte keinerlei Spuren gefunden, die über die Art der Waffe, mit der Elena Weaver geschlagen worden war, Auskunft gaben.

Die Gehörlosenvereinigung hatte ihren Sitz im Souterrain der Peterhouse-Bibliothek gleich am Ende der Little St. Mary's Lane, vielleicht fünfhundert Meter vom Queen's College entfernt, wo Gareth Randolph sein Zimmer hatte. Die Büroräume befanden sich am Ende eines niedrigen Korridors, der von hellen runden Ballonlampen erleuchtet wurde. Man konnte sie durch den Lubbock-Saal im Erdgeschoß der Bibliothek erreichen, oder direkt von der Straße aus durch einen Hintereingang, der keine fünfzig Meter von der Mill-Lane-Fußgängerbrücke entfernt war, über die Elena am Morgen ihres Todes gelaufen sein mußte. Auf der Milchglasscheibe der Haupttür stand Vereinigung der gehörlosen Studenten von der Universität Cambridge, darunter, weniger förmlich, VGS.

Lynley hatte eingehend darüber nachgedacht, wie er sich mit Gareth Randolph verständigen sollte. Er hatte mit dem Gedanken gespielt, Superintendent Sheehan anzurufen und zu fragen, ob es bei der Polizeidienststelle Cambridge einen Dolmetscher gab. Er hatte nie zuvor mit einem Gehörlosen gesprochen und nach dem, was er in den letzten vierundzwanzig Stunden gehört hatte, konnte Gareth Randolph nicht wie Elena Weaver von den Lippen ablesen oder sich in Gebärdensprache verständlich machen.

Aber als er ins Büro kam, sah er, daß die Dinge sich von selbst regeln würden. Mit der Frau nämlich, die hinter einem Schreibtisch voller Bücher und Papierstapel saß, unterhielt sich ein junges Mädchen mit Brille und Zöpfen, die ihre Worte mit Gebärden begleitete. Hier, sagte sich Lynley, war seine Dolmetscherin.

»Gareth Randolph?« wiederholte die Frau hinter dem Schreibtisch auf seine Frage und nachdem sie einen Blick auf seinen Dienstausweis geworfen hatte. »Der ist im Konferenzzimmer. Bernadette, würdest du...?« Und zu Lynley gewandt: »Ich nehme an, Sie können die Gebärdensprache nicht, Inspector.«

»Richtig.«

Bernadette lächelte ein wenig verlegen angesichts ihrer plötzlichen Wichtigkeit und sagte: »Gut, Inspector. Dann kommen Sie mit. Wir kriegen das schon.«

Sie führte ihn durch einen kurzen Korridor, an dessen Decke weißgestrichene Rohre entlangliefen. »Gareth sitzt schon fast den ganzen Tag hier. Es geht ihm nicht besonders gut.«

»Wegen des Mordes?«

»Er hatte eine Schwäche für Elena. Das wußten alle.«

»Haben Sie selbst Elena gekannt?«

»Nur vom Sehen. Die anderen.



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