03 - Auf Ehre und Gewissen by Elizabeth George

03 - Auf Ehre und Gewissen by Elizabeth George

Autor:Elizabeth George [George, Elizabeth]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
veröffentlicht: 2012-03-14T14:53:18+00:00


Barbara blieb an der Tür stehen, während das Mädchen das Wasser aufdrehte. Der Raum roch nach Desinfektionsmittel. Auf dem Beckenrand lag ein kleines Stück rissiger grüner Seife. Daphne seifte sich damit die Hände ein und versuchte, sich die Schminkeflecken vom Hals zu reiben.

»Mistkerl«, zischte sie ihrem Spiegelbild entgegen.

»Widerliches Schwein!«

Barbara trat zu ihr und hielt ihr ein sauber gefaltetes Taschentuch hin. »Probieren Sie's damit«, sagte sie.

Das Mädchen nahm es, sagte danke und nibbelte sich damit den Hals.

»Ist er immer so?«

»Meistens, ja. Erbärmlich im Grunde. Alles ist ihm recht, wenn er nur ein bißchen Aufmerksamkeit erregen kann.«

»Wessen Aufmerksamkeit?«

Daphne spülte das Taschentuch aus und rieb sich dann den Pulli damit ab. »Das spielt keine Rolle. Ich könnte ihn umbringen. Dieser widerliche Kerl.« Sie zwinkerte ein paarmal gegen die Tränen.

»Geht er oft so auf Sie los?«

»Er geht auf jeden los. Aber an mir vergreift er sich am liebsten, weil er weiß, daß ich keinen - dieser widerliche Kerl. Hält sich für unwiderstehlich.« »Ja, ich kenne den Typ. Der große Frauenbeglücker.«

»Er tut so, als wär's nur Spaß. Nichts weiter als ein Riesenwitz, über den nur ich nicht lachen kann, weil ich so spießig bin. Aber die anderen, die sich schieflachen, die haben keine Ahnung, was er macht, wenn er mich auf den Boden drückt. Er drückt mir seinen - damit ich spüren kann, wie groß ...« Sie biß sich auf die zitternde Lippe. »Das turnt ihn an. Gott, ist mir zum Kotzen.« Sie beugte sich über das Becken. Das strähnige, dünne Haar hing ihr ins Gesicht.

»Warum melden Sie ihn nicht?«

»Wem denn?«

Die bittere Frage bot eine Gelegenheit. Barbara bemühte sich, in einem Ton zu sprechen, als ginge es ihr einzig um das Interesse des Mädchens. »Das weiß ich nicht. Ich war nicht auf so einer Schule. Aber wenn Sie sich einem Erwachsenen nicht anvertrauen wollen - ich kann das verstehen. Es ist peinlich, nicht? -, gibt es doch bestimmt unter den Schülern jemanden - vielleicht jemand, der einen gewissen Einfluß hat -«

»Sie meinen wohl Chas Quilter, unseren hochheiligen Präfekten? Diesen Tugendbold? Hören Sie auf! Die sind hier doch alle gleich. Nichts als Fassade. Theater. Chas ist auch nicht anders. Im Gegenteil. Er ist noch schlimmer.«

»Schlimmer als Clive? Das ist schwer zu glauben.«

»Überhaupt nicht! Heuchelei ist immer schlimmer als Ignoranz.« Daphne fuhr sich mit den Fingern durchs Haar.

Barbara spürte Erregung, aber sie behielt den beiläufigen Ton bei. »Heuchelei?«

Es klappte nicht. Bei der Frage besann sich das Mädchen. Selbst jetzt war die traditionsgemäße Pflicht zur Loyalität stärker als das Bedürfnis nach Rache. Sie faltete das Taschentuch und reichte es zurück.

»Vielen Dank«, sagte sie. »Beim Pulli ist nichts zu machen, aber wenigstens hab ich die Schmiere nicht mehr im Gesicht.«

Vorsichtige Taktik konnte offensichtlich nichts mehr bringen, aber ein Frontalangriff vielleicht. »Sie sind bei Miss Bond im Chemieunterricht, nicht?« fragte Barbara.

»Ja.«

»Und Sie wohnen wo?«

»Im Galatea.«

»Sie ist dort Hausmutter. Sie müssen sie recht gut kennen.«

»Nicht besser als die anderen sie kennen.«

»Wie Chas zum Beispiel? Oder Brian Byrne?«

Daphne schien perplex über die Frage. »Ich habe keine Ahnung. Miss Bond ist zu allen immer nett.



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