02 - Die falsche Tote by Daniel Scholten

02 - Die falsche Tote by Daniel Scholten

Autor:Daniel Scholten [Scholten, Daniel]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-02-25T00:00:00+00:00


39

Als die Straßenbahn zwischen Gröndal und Essingen kurz im Steinmassiv abtauchte, konnte Inspektor Henning Larsson seine gekämmten Haare in der dunklen Scheibe beobachten. Er war ganz allein mit dem Fahrkartenkontrolleur. Die meisten waren in Liljeholmen in die U-Bahn umgestiegen.

Als er in Essingen ausstieg, konnte er vom Bahnsteig aus auf den Essingefjärden blicken. Vom Ausgang waren es nur ein paar Schritte bis zu den fünfstöckigen Wohnhäusern am Ufer. Noch am Abend des Mordes hatte man Josefins Nachbar nach den ersten Verhören hierhergebracht.

Bo Eriksson riss die Tür auf. Eine so strahlende Miene hatte Henning nicht erwartet. Bo gehörte zu den Menschen, in deren Gegenwart man sich sogleich entspannte. Er war sechsundvierzig und hatte langes blondes Deckhaar mit einigem Grau darunter. Auf seiner Haut schimmerten rosa Flecken, und unter den Augen gab es viele Fältchen.

Henning präsentierte seinen Ausweis.

„Komm rein“, sagte Bo ein wenig laut und stöhnte vor Wohlbehagen. „Ich hab gerade Kaffee.“

Henning schmunzelte und folgte Bo in die Wohnung.

„Sieh dir diese Pracht an!“, Bo vollführte eine Fremdenführergeste, die die luxuriöse Einrichtung mitsamt der Fensterfront und dem Panorama umschloss. „Man kann aufstehen, auf den Balkon gehen und ins Wasser pinkeln.“

„Herrlich“, bestätigte Henning.

Sie nahmen auf dem Balkon Platz. Bo besorgte den Kaffee und ließ sich dann auf dem Stuhl nieder.

„Ich dachte, du vertrocknest hier.“

Bo lachte. „Ich muss doch wohl nicht ausziehen?“

„Du kannst gern noch bleiben.“

„Ist das eigentlich so eine Tarnwohnung, wo ihr Kronzeugen versteckt?“

„So ähnlich.“

Es war eine normale Staatswohnung. Zuletzt hatten hier zwei bulgarische Staatsanwältinnen gewohnt, die ein halbes Jahr im Anklagezentrum Stockholm auf EU-Standard getrimmt worden waren.

„Ich habe nur einige Fragen“, begann Henning und öffnete seine Mappe. „Hier gibt es eine widersprüchliche Information. Einerseits heißt es, du arbeitest in einer Werbeagentur, dort heißt es, du seiest arbeitslos.“

„Weder noch, Henning. Ich habe letzte Woche gekündigt und war gerade dabei, mir ein schönes Urlaubsziel auszusuchen, als ihr mich hierhergebracht habt. Ich hab die ganze Zeit nur geschlafen.“

Bo fischte eine Schachtel Zigaretten aus der Brusttasche seines Hemdes und hielt sie Henning hin. Die Marke wirkte ungesunder als ein Heizkraftwerk, aber Henning griff trotzdem zu.

„Ducados aus Spanien. Ziehen einem die Schuhe aus. Falls man welche trägt. Deswegen trage ich keine.“

Henning nahm einen Zug. „Früher habe ich Gitannes geraucht, aber die hier sind besser.“

Bo nickte zufrieden. Gegen die Ducados war nichts zu sagen. Er drehte sich ein wenig zur Sonne und legte die Füße aufs Geländer.

„Ja, ich habe letzte Woche Schluss gemacht. Das ist wie mit dem Frosch im Märchen. Du musst ihn küssen, ohne zu wissen, dass ein Prinz daraus wird, sonst funktioniert es nicht. So ist es auch mit dem Leben. Du musst Schluss machen, bevor etwas Neues in Sicht ist. Sonst machst du doch immer nur das Alte in neuem Gewand. Das habe ich letzte Woche begriffen und gekündigt.“

„Du weißt also nicht, was du tun wirst.“

Bo schüttelte grinsend den Kopf. Er hatte nicht die leiseste Ahnung. „Ich konnte einfach nicht mehr“, begann er.

Bo Isaksson hatte zehn Jahre lang in einer von Schwedens führenden Werbeagenturen gearbeitet. Als vor fünf Jahren die große Kündigungswelle ausgebrochen war, hatte sie



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