018 - Die 500 Millionen der Begum by Jules Verne

018 - Die 500 Millionen der Begum by Jules Verne

Autor:Jules Verne [Verne, Jules]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-05-28T00:00:00+00:00


Hier ist ein Projektil aus Gußstahl.

»Sie werden sich nicht klar?« fragte Herr Schultze, als er Marcel schweigend stehen sah.

»In der Tat, nein! Wozu in aller Welt ein so langes und dem Anscheine nach so schweres Langgeschoß?«

»Der Schein trügt«, erwiderte Herr Schultze, »denn das Gewicht desselben weicht nicht besonders von dem einer gewöhnlichen Kugel desselben Kalibers ab… Nun, Sie sollen alles wissen!… Der innerste Teil besteht aus einer langen Spindel von Glas, die mit Eichenholz überkleidet und unter dem Drucke von zweiundsiebzig Atmosphären mit flüssiger Kohlensäure geladen ist. Beim Niederfallen erfolgt die Explosion der Umhüllung und die Flüssigkeit kehrt in den gasförmigen Zustand zurück. Die Folge davon ist eine Kälte von ungefähr hundert Grad in der Umgebung und gleichzeitig die Beimischung einer enormen Menge Kohlensäure zu der Atmosphäre.

Jedes lebende Wesen, das sich im Umkreise von dreißig Meter um die Stelle der Explosion aufhält, wird ebenso durch Kälte getötet, wie durch das Gas erstickt. Ich nehme nur dreißig Meter an, um eine Basis für die Berechnung zu gewinnen; die Wirkung erstreckt sich aber höchstwahrscheinlich noch viel weiter, vielleicht auf einen Umkreis von hundert bis zweihundert Meter. Dazu kommt ferner, daß die Kohlensäure infolge ihrer spezifischen Schwere, welche die der Luft bedeutend übertrifft, sich lange Zeit in den unteren Schichten der Atmosphäre aufhält; die todesdrohende Zone behält also ihre vergiftenden Eigenschaften noch mehrere Stunden nach der Explosion, und jedes Geschöpf, das sich in diese hineinwagt, geht rettungslos zugrunde. Ja, ja, das ist ein Kanonenschuß, der im Augenblick ebenso wie auf die Dauer wirkt!… Bei meinem System gibt es keine Verwundeten mehr, sondern nur noch Tote!«

Herr Schultze fand offenbar Wohlgefallen daran, die Vorzüge seiner Erfindung in das rechte Licht zu stellen. Er hatte seine ganz gute Laune wieder, war rot von Stolz geworden und wies alle seine Zähne.

»Nun denken Sie sich«, fuhr er fort, »eine hinreichende Anzahl meiner Feuerschlünde auf eine belagerte Stadt gerichtet! Rechnen wir ein Stück auf jeden Hektar Oberfläche, das gäbe für eine Stadt von tausend Hektar hundert Batterien zu je zehn Geschützen. Nehmen wir ferner an, diese alle wären in gehöriger Stellung und sicher gerichtet, dazu günstige ruhige Luft und nun erfolgte durch eine elektrische Leitung das Signal zum Abfeuern… binnen einer Minute atmete auf einer Fläche von tausend Hektar kein lebendes Wesen mehr! Ein wahrer Ozean von Kohlensäure hätte die Stadt überschwemmt! Die Idee hierzu kam mir übrigens erst im letzten Jahre, als ich den ärztlichen Bericht über den kleinen Jungen im Albrechts-Schacht durchlas. Die erste Anregung erhielt ich allerdings in Neapel, beim Besuche der dortigen Hundsgrotte.{6} Es bedurfte aber des letzteren Ereignisses, um den Gedanken in mir zur Reife zu bringen. Sie begreifen doch das Prinzip? Ein künstlicher Ozean von reiner Kohlensäure! Schon ein Fünftel dieses Gases der Atmosphäre beigemengt, genügt aber, sie unatembar zu machen!«

Marcel stand sprachlos da; er vermochte in der Tat kein Wort hervorzubringen. Herr Schultze fühlte seinen Triumph so lebhaft, daß er ihn selbst abzuschwächen suchte.

»Es ärgert mich hierbei nur eine Kleinigkeit«, sagte er.

»Und das wäre?« fragte Marcel.

»Es hat mir noch nicht gelingen wollen, den Knall bei der Explosion zu umgehen.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.