014 - Ostfriesenhölle by Klaus-Peter Wolf

014 - Ostfriesenhölle by Klaus-Peter Wolf

Autor:Klaus-Peter Wolf [Wolf, Klaus-Peter]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Thriller/Krimi
Herausgeber: FISCHER E-Books
veröffentlicht: 2020-02-19T23:00:00+00:00


Rostock trank gegen den Kater an. Marvin hatte nur wenig Erfahrung mit Säufern, aber er ahnte, dass es mit Rostock nicht gut weitergehen würde. Eine düstere Wolke umgab ihn, als ob man die Alkoholausdünstungen sehen könnte. Seine Bewegungen waren fahrig. Er war leicht reizbar und artikulierte nur noch undeutlich. Wenn er etwas sagte, stieß er Satzfetzen hervor oder nuschelte Worte, alles aus dem Zusammenhang gerissen. Aus dem Sumpf seiner dunklen Gedanken ploppten nur manchmal gescheiterte Formulierungsversuche hoch wie Hilfeschreie oder Drohungen.

Marvin war nach dem Frühstück wieder wie ein Paket verklebt aufs Bett geworfen worden. Einmal hatte es sich für ihn angehört, als hätte Rostock das Haus verlassen. Kaum denkbar, dass er einen Spaziergang machte.

Einen Wagen hatte Marvin nicht gehört. Bedeutete das, in der Nähe gab es ein Haus? Vielleicht eine Siedlung mit Geschäften? War Rostock losgefahren und hatte Besorgungen gemacht? Vielleicht gar mit dem Fahrrad?

Marvin vermutete, sich irgendwo in der Krummhörn zu befinden, denn auf dem Kaffeebecher hatte er den Pilsumer Leuchtturm, auch Otto-Leuchtturm genannt, erkannt. Er hatte ihn schon mal mit seinen Großeltern besichtigt und Fotos davor gemacht, auf denen er versucht hatte, herumzublödeln wie Otto.

Ostfriesland war ohnehin nicht stark besiedelt. Die Krummhörn galt als besonders bevölkerungsarm. Greetsiel hatten sie natürlich auch besucht, und von der Vorliebe seines Großvaters für alte Kirchen hatte er erst hier erfahren.

Er wusste nicht mehr, wie viele sie besichtigt hatten. Jedes noch so kleine Dorf hatte eine eigene Kirche, und alt waren sie alle.

Vermutlich hatte Rostock sich Alkoholnachschub geholt. Vielleicht auch Lebensmittel. Das hier dauerte schon länger, als es geplant war, vermutete Marvin. Rostock wirkte in seinem Verhalten irgendwie verunsichert, so als hätte alles anders laufen sollen. Es gab nicht genug Lebensmittel, um ihn hier lange festzuhalten. Und dies war vermutlich ein verlassenes Häuschen irgendwo in der Pampa hinterm Deich. Mit ein bisschen handwerklichem Geschick wäre es ein Leichtes gewesen, dieses Zimmer zu einem Gefängnis umzubauen. Stattdessen gab es nicht mal richtige Fesseln, nur diese Teppichklebebänder. Sie mussten beide dieselbe Toilette benutzen, und Marvin konnte, wenn Rostock telefonierte, jedes Wort hören.

Er kannte Filme über Entführungen. Zum Beispiel den Film über die Getty-Entführung Alles Geld der Welt . Marvin erinnerte sich daran. Er hatte den Thriller über den realen Fall mit seiner Großmutter gesehen. Der milliardenschwere Öl-Tycoon Getty hatte sich seinerzeit geweigert, für seinen Enkel die volle Summe zu zahlen. Er wollte die Entführer runterhandeln. Daraufhin schnitten sie dem Sechzehnjährigen ein Ohr ab und schickten es an die Presse.

Seine Omi war damals sehr empört über diesen Getty gewesen, fand ihn herzlos und nannte ihn einen unmöglichen Menschen. »Im Gegensatz zu diesem Menschen liebt dein Opi dich! Er würde alles für dich geben. Und wenn nicht, würde ich mich von ihm scheiden lassen.«

Oder Der Mann, der zu viel wusste. Diesen Hitchcock-Film hatte er mit Opi geguckt. Der besaß eine Hitchcock-Sammlung und sprach immer vom alten Hitch , als seien sie Freunde gewesen.

Blue Velvet hatte er alleine geschaut. Es war ein Tipp von Cosmo gewesen.

Es fielen ihm noch mehr Entführungsfilme ein, allerdings hatte er die Titel vergessen.



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