011 - Der Zorn der Einsiedlerin by Fred Vargas

011 - Der Zorn der Einsiedlerin by Fred Vargas

Autor:Fred Vargas [Vargas, Fred]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Limes Verlag
veröffentlicht: 2018-10-28T23:00:00+00:00


Noch während der Fahrt rief Adamsberg Irène Royer in ihrer Unterkunft in Bourges an. Er stand noch ganz unter dem Eindruck von Vessacs grässlicher Wunde, seinem Geständnis – Ehrenwort! –, der Würde des sterbenden Blapses.

»Sie, Kommissar? Sie rufen gerade noch rechtzeitig an, ich bin dabei, mein Zimmer zu räumen. Ist es also ein gewöhnlicher Mensch, der gebissen wurde?«

»Nein, Irène. Es ist ein Blaps aus dem Waisenhaus, Vessac. Aber lassen Sie nichts darüber im Internet verlauten, wie vereinbart.«

»Versprochen.«

»Wir beißen immer wieder auf denselben Knochen: Er sagt, er hat niemanden gesehen, als er den Stich spürte.«

»Drinnen? Draußen?«

»Draußen. Direkt vor seiner Haustür. Ich will versuchen, seine Begleiterin darüber zu befragen.«

»Und wo wurde er gebissen?«

»Am Oberarm.«

»Aber das ist unmöglich, Kommissar. Eine Einsiedlerin fliegt nicht.«

»Genauso ist es aber, am Arm.«

»Ist da zufällig ein großer Haufen Scheite neben seiner Tür? Vielleicht hat er den gestreift. Und die Spinne aufgescheucht, als sie gerade ausschwärmte.«

»Keine Ahnung, ich fahre ja erst hin.«

»Warten Sie, Kommissar. Wie, sagten Sie, war gleich der Name?«

»Vessac.«

»Aber nicht zufällig auch noch ein Olivier Vessac?«

»Doch.«

»Heilige Muttergottes. Und seine Begleiterin ist eine Élisabeth Bonpain?«

»Ja.«

»Die in der Tat seine Lebensgefährtin ist. Können Sie mir folgen?«

»Ja. Ich habe sie gesehen, und ich hatte mir so was schon gedacht. Sie ist wie zerrissen vor Schmerz.«

»Heilige Mutter, Élisabeth.«

»Kennen Sie sie?«

»Aber sie ist eine Freundin von mir, Kommissar! Die liebenswürdigste Frau der Welt, zum Heulen liebenswürdig. Ich traf sie – wann war das noch? – vor elf Jahren. Ich war in antalgischer Haltung nach Rochefort gefahren. Dort haben wir uns kennengelernt. Ich bin sogar eine ganze Woche geblieben, wir verstanden uns wie zwei Gauner, o Pardon, wie zwei Finger einer Hand.«

»Und wären Sie, Irène, in der Lage, zu erkennen, ob Élisabeth lügt?«

»Sie meinen, wenn sie sagen würde, da war niemand, während in Wirklichkeit jemand da war? Aber warum sollte sie einen Mörder decken?«

»Damit man von seiner Vergangenheit nichts erfährt. Dabei hat er sie mir sogar gebeichtet. Nur war es eben keine offizielle Befragung. Sie war nichts wert, das wusste er.«

»Vielleicht könnte ich es. Was ich aber kann, ist, Élisabeth bewegen, dass sie mir die Wahrheit sagt. Wir verbergen nichts voreinander.«

»Dann kommen Sie her.«

»Aus Bourges?«

»Na und? Fünf antalgische Stunden Fahrt, schreckt Sie das?«

»Das ist es nicht, Kommissar, im Gegenteil. Es ist meine Mitbewohnerin. Hab ich Ihnen erzählt, dass ich eine Mitbewohnerin habe? Louise heißt sie. Unter uns gesagt, sie ist ein bisschen, wie soll ich’s Ihnen erklären, ein bisschen bekloppt. Ziemlich bekloppt sogar. Und mit den Einsiedlerspinnen kommt sie überhaupt nicht klar. Sie redet von nichts anderem, nur von den Spinnen, den Spinnen. Und bei allem, was da jetzt los ist, wenn ich nicht da bin, dreht sie mir glatt durch, sie sieht überall welche.«

»Élisabeth ist Ihre Freundin, und abgesehen davon, dass Sie wissen, ob sie die Wahrheit sagt oder nicht, wird ihr Olivier in zwei Tagen sterben. Ich sagte Ihnen ja, sie ist verzweifelt. Sie wird Sie brauchen.«

»Das verstehe ich, Kommissar. Soll die Louise allein fertig werden mit den Spinnen. Ich komme.«

»Danke. Wo treffen wir uns? Gibt es ein Restaurant in Saint-Porchaire?«

»Die Nachtigall.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.