01 - Gnadenlos by Tom Clancy

01 - Gnadenlos by Tom Clancy

Autor:Tom Clancy [Clancy, Tom]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


20 Unter Druck

Es war bereits vier Uhr vorbei, als Kelly auf den Parkplatz des Yachthafens einbog. Er parkte den Scout mit der Rückseite zum Heck seines Bootes und stieg aus, um die Ladeluke zu öffnen. Er sah sich um, ob in der Dunkelheit keine unerwünschten Zuschauer verborgen waren, aber zum Glück war niemand da.

»Raus da«, wies er Billy an. Der folgte dem Befehl. Kelly schob ihn an Bord und führte ihn in den Salon. Dort nahm er eine Kette, die zur normalen Bootsausstattung gehörte, und fesselte Billy mit den Handgelenken an eine Metallverstrebung. Zehn Minuten später hatte die Springer abgelegt und steuerte hinaus in die Bucht. Jetzt endlich konnte Kelly aufatmen. Während er das Boot dem Autopiloten anvertraute, lockerte er das Elektrokabel an Billys Armen und Beinen.

Kelly war müde. Billy vom Volkswagen in den Scout zu bugsieren war schwerer gewesen als erwartet. Zum Glück war ihm wenigstens nicht der Zeitungsverteiler über den Weg gelaufen, der seine Stapel an den Straßenecken deponierte, damit die Zeitungsjungen sie dort abholten und noch vor sechs austrugen. Kelly ließ sich in den Sessel am Kontrollpult sinken und trank eine Tasse Kaffee. Dabei streckte er sich, um seinen Körper für die Anstrengungen zu belohnen.

Er hatte die Lampen so weit wie möglich heruntergedreht, damit ihn der Lichtschein in der Kajüte nicht beim Navigieren blendete. Weit draußen auf Backbord lagen ein halbes Dutzend Frachtschiffe am Seehafen Dundolk, doch die Bucht vor ihm war leer. Zu dieser Tageszeit hatte das Meer etwas Beruhigendes. Da sich der Wind gelegt hatte, glich die Wasserfläche einem glatten, leicht wogenden Spiegel, der die Lichter am Ufer reflektierte. Von den Bojen blinkten rote und grüne Signale, um die Schiffe von gefährlichen Untiefen fernzuhalten. Die Springer zog an Fort Carroll vorbei, dem niedrigen Achteck aus grauem Stein, das von Lieutenant Robert E. Lee von dem Ingenieurcorps der U.S. Army erbaut worden war; noch vor sechzig Jahren hatte es Zwölf-Zoll-Gewehre beherbergt. Im Norden schimmerte das gelbrote Feuer aus den Hochöfen der Bethlehem-Stahlwerke am Sparrow Point. Einer nach dem anderen verließen jetzt die kleinen Schlepper ihre Liegeplätze, um die Schiffe vom Kai ins offene Meer zu ziehen oder einfach nur in ein anderes Hafenbecken. Das Tuckern ihrer Dieselmotoren klang leise und freundlich über die stille Wasserfläche. Irgendwie wurde durch ihr Geräusch der Frieden vor Sonnenaufgang nur noch mehr betont. In der Stille lag etwas überwältigend Tröstliches, so wie es sein sollte, wenn man sich auf einen neuen Tag vorbereitete.

»Verdammt, wer sind Sie?« fragte Billy, als Kelly ihm den Knebel abgenommen hatte. Offensichtlich konnte er das Schweigen nicht länger ertragen. Die Hände waren ihm weiterhin am Rücken zusammengebunden, doch da seine Füße frei waren, hatte er sich auf den Boden der Kajüte gesetzt.

Kelly nahm einen Schluck von seinem Kaffee und entspannte die müden Armmuskeln. Die Worte des Mannes hinter sich beachtete er nicht.

»Verdammt, ich habe gefragt, wer Sie sind!« rief Billy, lauter als zuvor.

Es würde ein heißer Tag werden. Der Himmel war klar, und kein einziges Wölkchen verdeckte die schimmernden Sterne. »Morgenrot, schlecht Wetter droht« - dieser Spruch hatte heute keine Gültigkeit.



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