01 - Der zweite Tod by Daniel Scholten
Autor:Daniel Scholten [Scholten, Daniel]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-02-25T05:00:00+00:00
28
Kjell blickte aus dem Fenster. Die Bäume im Kronobergspark waren mit dicken Schneekronen bedeckt. Abgebrochene Äste versperrten die Wege. Es wurde langsam Zeit, einige Stunden zu schlafen. Der Nachmittag hatte begonnen. Er wandte sich vom Fenster ab und setzte sich wieder zu Barbro und Henning an den Besprechungstisch.
Viktoria und ihre Kollegen hatten die Anwohner nach Nachnamen sortiert. So war es niemandem aufgefallen, dass zwei Wohnungen im Haus gegenüber leerstanden. Die eine Wohnung befand sich im zweiten Stock, lag aber zur anderen Seite zum Hof hinaus. Die zweite war im vierten Stock, genau gegenüber von Peterssons Wohnung. Das Fenster lag einen Meter höher, so dass man von dort auf Peterssons Schreibtisch blicken konnte.
Linda hatte mit ihrem Telefon drei Fotos geschossen. Darauf sah man sogar etwas leuchten. Sonst waren die Bilder unbrauchbar. Die eingebaute Kamera hatte versucht, die Dunkelheit aufzuhellen und die Bilder körnig und unscharf gemacht. Linda hatte niemanden aus dem Haus kommen sehen, nachdem die Lämpchen in der Wohnung erloschen waren. Alles war dunkel geblieben.
Bisher hatten sie noch nichts unternommen, nur einen Blick aus dem Fenster des Ateliers riskiert und eine Kamera von dort auf die Fenster der Wohnung gerichtet. In Idas Wohnung befanden sich seit sieben Uhr zwei Polizisten. Ein weiterer war um neun Uhr in das Haus geschlichen und auf eine Tür zum Hof gestoßen. Folgte man diesem Weg über zwei Innenhöfe, stand man am Ende auf der Dalagatan, die parallel zur Västmannagatan verlief. Überall waren unauffällig Polizisten postiert.
Nun mussten sie hoffen. Bestimmt hatten die Männer nicht damit gerechnet, von Linda beobachtet zu werden. Nun fragten sich alle, ob sie noch einmal zurückkehren würden.
„Die Wohnungsgenossenschaft sagt, dass die Wohnung seit zwei Monaten leersteht“, teilte Barbro mit.
Sie hörten sich die Aufzeichnung von Lindas Anruf noch einmal an.
„Willst du also wirklich warten?“, fragte Barbro.
„Wenn wir die Wohnung betreten, finden wir vielleicht nicht viel, haben uns aber verraten.“
„Aber es könnte die Sache aufklären“, gab Henning zu bedenken. „Wir tun jetzt so, als hätten wir dort drüben Peterssons Mörder entdeckt. Es kann auch etwas völlig Harmloses oder Zufälliges sein.“
Das besprachen sie nun zum fünften Mal.
„Aber Kjell hat Recht“, fand Barbro. „Das ist eine unglaubliche Chance. Wenn wir uns nicht verraten haben, rechnet dort drüben niemand damit, dass wir etwas gemerkt haben.“
„Wenn wir die Nachbarschaftsbefragung nicht der lokalen Kripo überlassen hätten, wüssten wir längst davon.“ Henning klang sauer. „Dann besäßen wir einen Grundriss von jedem Stockwerk und hätten alle leeren Wohnungen geöffnet.“
Kjell beschwichtigte seine Kollegen mit erhobenen Händen. „Gehen wir mal davon aus, dass jemand Peterssons Wohnung beobachtet hat. Die beiden Fenster liegen einander genau gegenüber, und wenn wir Lindas Angaben Glauben schenken, sieht es nach einer Überwachung aus. Es könnte sich um die Presse handeln. Irgendjemand hat ihnen einen Tipp gegeben, und sie haben sich auf die Lauer gelegt.“
„Dann hätten sie alles mitbekommen“, folgerte Barbro. „Sofis ganze Entschlüsselung des Passworts. Vielleicht Aftonbladet. Dort liegt doch die halbe Belegschaft irgendwo auf der Lauer. Und der Rest schreibt Kolumnen.“
Henning winkte ab. „Keine Journalisten. Sie könnten die Bilder doch gar nicht verwenden.“
„Sie wären wohl auch nicht in die Wohnung gelangt“, gab Barbro zu.
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