»Dat Leben is kein Trallafitti«. Der Fenster-Rentner erklärt die Welt by Otto Redenkämper
Autor:Otto Redenkämper [Redenkämper, Otto]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783104030678
Herausgeber: FISCHER E-Books
veröffentlicht: 2015-05-12T16:00:00+00:00
Doch bevor ich mich der Heizung widme, sag ich erst mal:
Glück auf!
Euern Otto
Kimmenfrost
Kinners,
zu Hause kam Wilma wie vom Poltergeist gebissen auf mich zugeschossen.
»Jetzt tu doch was, Otto! Es ist schweinekalt hier in der Wohnung. Kennst du keinen Heizungsnotdienst oder so was?«
»Da lassen wir schön die Finger von. Guck ma aufn Tacho, es ist nach 20 Uhr. Das läuft bestimmt schon unter Sonderfahrt, und dann verzwölffachen die ganz geschmeidig die Rechnung.«
Ich bin sofort mit meiner Taschenlampe in den Heizungskeller marschiert. Fachmännisch habe ich einmal vorne gegen das Glasdings geklopft, einmal leicht unten gegen die runde Ausbuchtung getreten und die Heizung an dem großen roten Knopf aus und wieder eingeschaltet. Es tat sich nichts.
»Ich hab keinen Plan, was da los ist. Da muss ein Experte ran. Wir müssen bis morgen durchhalten. Ich ruf gleich um 8 Uhr beim Installateur an.«
»Das sind ja noch zwölf Stunden, bis dahin bin ich erfroren«, sprachs und hockte sich, wie früher unser Oma, in der Küche vor die offene Backofenklappe.
Nachdem ich alles, was in unserer Wohnung Wärme ausstrahlte, eingeschaltet und dazu noch alle auffindbaren Kerzen angezündet hatte, besuchte ich Wilma in ihrem Wärmebunker. Sie hatte sich auf der Eckbank in unserer Küche eine Deckenstation gebaut, so viele Kleidungsstücke übereinander gezogen wie sie finden konnte und bibberte vor sich hin.
»Ich hab gerade Fieber gemessen. Meine Körpertemperatur liegt bei 35,9 Grad. Das ist doch nicht normal. Ich fühl mich auch schon ganz komisch. Ich hab kein Gefühl mehr in meinem kleinen Zeh.«
»Jetzt stell dich nicht so an. In deinem kleinen Zeh war noch nie Gefühl drin. Und was soll der Mumpitz mit dem Fieber messen?«
»Ich halt das nicht mehr aus. Das ist ja noch ewig hin, bis hier mal ein Installateur aufschlägt. Entweder du rufst jetzt sofort den Notdienst oder ich schlafe heute Nacht bei meiner Schwester.«
Was Kälte angeht, war ich durch meine Fensterhängerei abgehärtet. Ich schmierte mich einfach von Kopf bis Fuß mit wärmender Rheumasalbe ein, wartete, bis die Rheumasalbe zu kacheln anfing, gönnte mir noch einen wärmenden Kräuterschnaps und legte mich mit ein paar heißen Körnerkissen an den Füßen ins Bett.
Da kam eine SMS: »Bin gut angekommen. Meld dich, wenn die Heizung wieder geht. W.«
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